: Rentenverwirrung
■ Koalitionskompromiß bleibt unklar: Wann wird Rentenniveau abgesenkt?
Bonn (dpa/AFP) – Von einer Einigung war am Wochenende die Rede, doch in einem wesentlichen Punkt besteht zwischen Union und FDP weiter Dissens: In welchem Jahr wird die Rente von derzeit 70 auf 64 Prozent abgesenkt? Nach den Berechnungen der Union soll dies erst im Jahr 2030 geschehen, die Liberalen gehen vom Jahr 2015 aus.
Der Grund liegt vor allem in unterschiedlichen Annahmen zur steigenden Lebenserwartung. Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) legte die Erfahrungswerte der jüngeren Vergangenheit und internationale Vergleichsdaten zugrunde. In den Jahren 1983 bis 1993 stieg die Lebenserwartung der über 65jährigen um insgesamt 1,4 Jahre, das sind 1,7 Monate pro Jahr. Fachleute der Regierungskommission gehen davon aus, daß sich der Trend in Zukunft fortsetzt, jedoch mit flacheren Steigerungsraten. Um das Rentenniveau 64 Prozent mit Hilfe der Formel schon 2015 zu erreichen, müßte man aber ein schnelleres Ansteigen der Lebenserwartung zugrunde legen, nämlich eine Zunahme um jährlich 2,4 Monate.
Diese unterschiedliche Interpretation eines Rechenwertes erlaubt beiden Seiten, das Gesicht zu wahren. Blüm setzte sich mit seiner Formel für die Absenkung zwar bei der FDP durch, mußte aber Abstriche hinnehmen – etwa beim Verzicht auf die Einbeziehung von 610-Mark-Jobs im Nebenberuf in die Versicherungspflicht. Die FDP konnte ihre eigentliche Forderung nach einer gesetzlich festgelegten Absenkung des Rentenniveaus auf 64 Prozent in festen Schritten bis zum Jahr 2015 nicht durchsetzen. Die SPD hält einen parteiübergreifenden Rentenkonsens auf der Grundlage des Koalitionskompromisses für „unmöglich“. Wenn es bei der Absenkung von 70 auf 64 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns bis zum Jahr 2015 bleibe, müsse die Koalition die Sache allein durchziehen, sagte Sozialexperte Rudolf Dreßler.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen