Erfolg für Tudjman

■ Bei Wahlen in Kroatien verliert die Regierungspartei HDZ allerdings die Mehrheit in Zagreb und anderen Städten

Split (taz) – Die Hoffnungen der kroatischen Opposition auf einen Durchbruch gegenüber der Regierungspartei HDZ von Präsident Franjo Tudjman haben sich bei den Wahlen am Sonntag und Montag nicht erfüllt. Bei den Bezirks- und Kommunalwahlen sowie den Wahlen zu einer neuen Zweiten Kammer des Parlaments gelang es der HDZ entgegen allen Prognosen sogar in der Hauptstadt Zagreb, ein respektables Ergebnis zu erreichen. In der 68 Sitze umfassenden Zweiten Kammer des Parlaments, der Interessenvertretung der 21 Verwaltungsbezirke des Landes, erreichte sie trotz regionaler Stimmeneinbußen sogar eine knappe Zweidrittelmehrheit.

In den Städten zeichnete sich bei der gestern noch andauernden Stimmenauszählung dagegen eine Übermacht der Oppositionsparteien ab. Demnach fiel knapp die Hälfte von 20 Städten klar an regionale Wahlbündnisse der Oppositionsparteien – in vielen Städten und Bezirken hatten die Sozialliberalen (HSLS) mit der Bauernpartei (HSS) Wahlbündnisse gebildet wie auch die Sozialdemokraten (SDP) mit der Kroatischen Volkspartei (HNS). In fünf weiteren Städten könnte die bisherige HDZ-Mehrheit durch eine breite Koalition unter Einschluß kleinerer Oppositionsparteien abgelöst werden.

Besonders empfindlich war die klare Niederlage der HDZ in der Hafenstadt Rijeka, wo die beiden istrischen Regionalparteien über die Hälfte der Stimmen bekamen. Auch in der dalmatinischen Region um Split steht die Regierungspartei mit 36 Prozent der Stimmen einer Mehrheit des Oppositionsbündnisses von Sozialliberalen und Bauernpartei (25 Prozent) und der Sozialdemokraten (17 Prozent) gegenüber.

Ausnahme bleibt überraschenderweise die Hauptstadt Zagreb, in der sich ein Ringen um die Vormachtstellung abzeichnet. Gegenüber einer relativen Mehrheit von 24 Sitzen der Tudjman-Partei ist ein Oppositionsbündnis mit 26 Sitzen möglich. Allerdings hat die Kroatische Bauernpartei eine Koalition mit den Sozialdemokraten vor den Wahlen ausgeschlossen. Die Sozialliberalen und Sozialdemokraten schaffen die Mehrheit der Sitze aber allein nicht. So könnte sich in Zagreb eine Koalition der HDZ mit der Bauernpartei abzeichnen.

Mit Spannung wird weiterhin auf die Ergebnisse der Wahlen in den von Serben kontrollierten Gebieten Ostslawoniens gewartet. Hier haben sowohl die 80.000 im Jahre 1991 vertriebenen Kroaten wie auch die rund 60.000 alteingesessenen Serben Stimmrecht, soweit sie sich als kroatische Staatsbürger definieren und kroatische Papiere angenommen haben. Hinzu kommen noch rund 10.000 serbische Flüchtlinge aus Kroatien.

Angesichts der Tatsache, daß sich viele Serben erst in den letzten Wochen dazu entschieden haben, sich kroatische Papiere ausstellen zu lassen, kam es am Wahlsonntag zu chaotischen Szenen vor den Wahllokalen. Die Namen vieler dieser Leute waren von den kroatischen Behörden noch nicht in die Wahllisten eingetragen worden. Deshalb entschloß sich die UN- Administration der Region, die Wahlen in Ostslawonien um einen Tag zu verlängern. Entgegen dem durch Berichte der Medien entstandenen Eindruck, die kroatische Seite habe die Wahlmöglichkeiten der serbischen Bevölkerung einschränken wollen, handelt es sich lediglich um ein administratives Problem. Schon eine Woche vor den Wahlen erklärten UNO-Sprecher, daß der Übertrag der Namen auf die Wahllisten wohl kaum termingerecht zu schaffen sei. Deshalb sollte die serbische Bevölkerung mit dem kroatischen Ausweis auch ohne Eintrag in die Wählerlisten wählen können. Erich Rathfelder

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