: Gespanntes Warten
■ Justiz unterschiedlicher Ansicht über Anklageerhebung gegen Netanjahu
Jerusalem (dpa/AFP/taz) – Zwei Koalitionspartner des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu erwägen einen Rückzug aus der Regierung. Nach Zeitungsberichten ziehen die Einwandererpartei von Nathan Scharanski und die Partei von Sicherheitsminister Avigdor Kahalani einen Austritt aus der Regierung selbst dann in Betracht, wenn Netanjahu nicht angeklagt wird, aber der Bericht der Generalstaatsanwaltschaft „schwerwiegende Vorwürfe“ gegen ihn enthält.
Staatsanwältin Edna Arbel schloß gestern eine nochmalige Vernehmung Netanjahus aus. Es gebe bei den Justizbehörden zwar „unterschiedliche Ansichten, aber keine wirklichen Meinungsverschiedenheiten“. Die Polizei hatte eine Anklage gegen Netanjahu wegen Betrugs und Vertrauensbruchs empfohlen. Netanjahu soll mitverantwortlich für einen Deal bei der Berufung des Generalstaatsanwalts Bar-on sein.
Die Arbeitspartei plant für das Wochenende eine Demonstration auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv unter dem Motto „Bibi, geh nach Hause“. Meinungsumfragen israelischer Zeitungen zeigten eine steigende Tendenz, Netanjahus Rücktritt zu fordern. In den Umfragen sagte allerdings nur jeder vierte, Netanjahu solle jetzt zurücktreten. 52 Prozent meinten, er sollte zurücktreten, wenn Anklage erhoben würde. 20 Prozent vertraten die Ansicht, nur bei einer Verurteilung sei ein Rücktritt fällig.
US-Regierungssprecher Michael McCurry sagte am Donnerstag, Washington werde sich durch „innere Angelegenheiten“ Israels nicht irritieren lassen. Der Friedensprozeß werde weitergehen.
Die Armee hob gestern die seit dem 10. April geltende Ausgangssperre im Dorf Surif bei Hebron auf. Am Donnerstag waren bei Zusammenstößen etwa 50 Palästinenser verletzt worden. Surif bleibe aber abgeriegelt, sagte ein Armeesprecher. Die Proteste hatten begonnen, nachdem israelische Soldaten erneut ein palästinensisches Wohnhaus zerstört hatten.
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