: Online-Dienste nicht für Pornos verantwortlich
■ Die Parteien stritten über neue rechtliche Regelungen zu Online-Diensten im Internet. „Verschlüsselung“ soll auch nach dem Willen der FDP erlaubt bleiben
Bonn (AP/taz) – Wer ist verantwortlich für die Inhalte im Internet? Darüber stritten gestern die Parteien im Bundestag vor fast leeren Bänken. Auf der Tagesordnung standen Gesetzentwürfe zu neuen rechtlichen Regelungen. „Wir sind das erste Land der Welt, das sich aufmacht, solche Rahmenbedingungen zu formulieren“, sagte Bundesforschungsminister Jürgen Rüttgers (CDU). Die SPD bemängelte die vorgesehene Trennung von Individual- und Mediendiensten, die aber vor allem auf Druck der SPD-dominierten Länder zustandegekommen war.
Das sogenannte Informations- und Kommunikationsdienstegesetz sieht im wesentlichen vor, daß künftig jeder ohne jegliche Zulassung oder Anmeldung elektronische Informations- und Kommunikationsdienste anbieten darf. Die Online-Dienste wie zum Beispiel CompuServe sollen künftig nur für Inhalte verantwortlich sein, die sie selbst einspeisen. Für Inhalte im weltweiten Computernetzwerk Internet, die von anderen Teilnehmern eingespeist und nur über die Online-Dienste gelesen werden, sollen diese Unternehmen jedoch nicht verantwortlich sein. Dafür könnte dann nur der Einspeiser haftbar gemacht werden.
Das Gesetz schaffe Rechtssicherheit für alle Unternehmen, die derartige Dienste anbieten, und mache zugleich deutlich, daß das Internet kein rechtsfreier Raum sei, sagte Rüttgers.
Die Vorschriften des Bundesgesetzes sollen für alle elektronischen Dienste gelten, die auf individuelle Nutzung ausgelegt sind. Die zuständigen Länderregierungschefs haben sich zudem auf einen weitgehend wortgleichen Staatsvertrag für Dienste mit Mediencharakter verständigt. Der Gesetzentwurf sei eine „erstklassige AB-Maßnahme für Juristen“, kritisierte daher der Grünen-Abgeordnete Manuel Kiper. Wer im World Wide Web, dem Multimediateil des Internet, Informationen anbiete, werde künftig nicht mehr wissen, ob für ihn die Regelungen des Gesetzes oder der Staatsvertrag gelte.
„Erheblichen wirtschaftlichen Schaden“ fürchtete Kiper auch für den Fall, daß sich die bislang nur als Gerücht kursierenden Informationen über eine gesetzliche Einschränkung von Verschlüsselungstechniken bewahrheiten sollten.
Die FDP, die Rüttgers' Gesetzentwurf unterstützte, wandte sich gegen eine solche Befürchtung. Mit den Liberalen werde es ein „Kryptogesetz“ nicht geben, versicherte der frühere Bundesbildungsminister Karl-Hans Laermann. Auch Justizminister Schmidt-Jortzig (FDP) betonte, Verschlüsselungen müßten zulässig bleiben: „Warum darf im Internet eine Nachricht nicht ausschließlich für den Empfänger zugänglich sein? Briefe darf man doch auch verschlüsseln und zukleben.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen