: Das Reden der Öleinfüllstutzen
■ Der Gefallsucht davongeschwebt: Der Autor und Liedermacher Funny van Dannen stellt heute seinen neuen Erzählband „Der Tag, als Rosie kam“vor
Man kann sich Funny van Dannen kaum anders denn als einen glücklichen Menschen vorstellen. Der Mann lebt, 39 Jahre alt, in Berlin, singt in kleinen Klubs zur Gitarre, hat drei Kinder, malt Bilder und schreibt Geschichten auf. Wie der Vorzeigelebenslauf eines deutschen Schriftstellers klingt das nun ganz gewiß nicht, aber wieso auch? Die Geschichten des Funny van Dannen lesen sich sowieso, als seien sie eher für die eigenen Kinder denn für die Veröffentlichung geschrieben. Und vielleicht macht gerade das sie so bemerkenswert: so ganz und gar eigen, so fern von Gefallsucht und Anspruch, so wunderbar berstend von verrückten Einfällen.
Im Verlag Antje Kunstmann sind dreißig dieser Stories kürzlich als schönes, kleines Buch mit einem ausgesucht häßlichen Einband erschienen. Was rechtes, um es alten Schulfreunden zu schenken, von denen man nur noch weiß, daß sie eigentlich nie gelesen haben. Und zugleich sehr brauchbare Sachen zum Vorlesen – oder zum Sich-Vorlesen-lassen. Von Funny van Dannen beispielsweise, er tritt heute abend in der Heinrich-Heine-Buchhandlung auf.
Alles ist möglich in diesen Geschichten, und alles und jedes hat hier was zu sagen, so etwa auch ein Feudel und eine Schlabberhose. Die beiden führen nicht nur Dialoge, sie verlieben sich gleich ineinander. Von zwei Öleinfüllstutzen ist auch die Rede. Der Teufel kommt mehrmals nicht ganz so gut weg, dafür finden aber zwei Mumien den Beifall des Erzählers: Sie wollen sich nicht ohne Entgelt fotografieren lassen. Es ist eine recht wunderbare Erzählwelt, die Funny van Dannen hier vorstellt.
Manche der Geschichten sind hübsche Glossen – selbstverständlich ohne rechtes Thema. Andere sind richtig klassisch gebaute Stories mit direktem Einstieg, Höhepunkt und Schlußgag, wobei allerdings keins dieser drei Dinge mit dem anderen auch nur irgendetwas zu tun hat.
Man muß diese Stories nicht überschätzen. Aber klasse sind sie doch. Und der allerschönste Satz steht zweimal in dem Buch, einmal gleich hinten auf dem Rückcover: „Die Menschen sind klasse, sie leben einfach so drauflos und hinterlassenSpuren.“Vielleicht, kaum auszuden-ken, ist es ja tatsächlichso einfach! Manche der Spuren, die Funny van Dannen hinterläßt, können einen jedenfalls ein bißchen schweben machen.
Dirk Knipphals
Funny van Dannen: „Der Tag, als Rosie kam“, Verlag Antje Kunstmann, München 1997, 154 Seiten, 28 Mark.
Lesung: heute, 20 Uhr, Heinrich-Heine- Buchhandlung, Schlüterstraße 1 Foto: Buchumschlag
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