Kommentar: Vor-Urteil
■ Warum das Gericht im Prozeß gegen Safwan Eid Normalität wiederherstellt
Ein Urteil vor dem Urteil – außerordentliche Prozesse erfordern außerordentliche Maßnahmen. Doch so ungewöhnlich das Vorgehen auch ist, so eindeutig fiel das Vor-Urteil von Richter Rolf Wilcken gestern aus: Überraschen darf es allein diejenigen, die an der Vorverurteilung von Safwan Eid kräftig mitgemischt haben.
Doch nicht der Angeklagte muß seine Unschuld, sondern das Gericht ihm seine Schuld beweisen. Eigentlich. Mit der gestrigen Zwischenbilanz hat das Gericht diese Normalität wiederhergestellt. Denn in sieben Monaten Verhandlungsdauer ist dem angeblichen Geständnis Eids nichts Belastendes hinzugefügt worden.
Die Verteidigung war ehrgeizig in den Ring gestiegen. Wenn schon, denn schon, lautete das Motto. Auf einen Freispruch wegen erwiesener Unschuld kämpften die beiden Anwältinnen hin. Nicht zufrieden geben wollten sie sich mit einem „Freispruch zweiter Klasse“, dem mangels Beweisen.
Noch ewig hätte das Verfahren so weiterlaufen können. Etwa 50 Beweisanträge beider Seiten liegen vor. Doch das Pflichtprogramm, die Vernehmung der Zeugen und Sachverständigen, ist erfüllt, alles weitere ist Kür.
Das Zwischenfazit soll die Endbilanz sein. Das Gericht wird darauf spekulieren, daß Anklage und Verteidigung aus dem Ring steigen und die Antragsflut stoppen. Dann könnte Wilcken schon nach der Prozeßpause im Mai im Namen des Volkes verkünden, was er gestern durch die Blume verriet: den Freispruch für Safwan Eid.
Elke Spanner
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