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Aus fairer Ausbeutung

■ ILO fordert ein Menschenrechts- Gütesiegel für den Welthandel

Genf/Berlin (AP/taz) – Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) plant für weltweit gehandelte Produkte ein Menschenrechts-Gütesiegel. Länder, die Fabriken regelmäßig auf die Achtung von Arbeitnehmerrechten kontrollieren lassen, sollen ihren Waren ein „Sozialetikett“ anheften dürfen. Dies schlug gestern ILO- Generaldirektor Michel Hansenne in Genf vor. Der Plan wird der ILO-Jahrestagung im Juni in Genf vorgelegt.

Die ILO-Initiative ist offenbar eine Reaktion darauf, daß sich härtere Sozialklauseln im Welthandel derzeit nicht durchsetzen lassen. Sozialklauseln würden mit Androhung von Handelssanktionen durchgesetzt werden können. Die Welthandelsorganisation (WTO) hatte auf ihrer Ministerkonferenz vergangenen Dezember in Singapur jedoch solche Maßnahmen als Handelsrestriktionen abgelehnt.

Insbesondere viele Entwicklungsländer lehnen weltweit gültige Sozialnormen ab, weil sie um ihre Wettbewerbsfähigkeit als Billigstandorte fürchten. Sie werfen den Industrieländern, die sich über „Sozial-Dumping“ beklagen, Protektionismus vor. Die WTO verwies allerdings darauf, daß die Grundrechte der Arbeitnehmer universelle Gültigkeit besitzen. Dazu gehören der Verzicht auf Zwangs- und Kinderarbeit sowie das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Die ILO will nun offenbar die Konsumenten und die Unternehmer für ihr Anliegen gewinnen. Mehrere multinationale Konzerne, etwa der Turnschuhhersteller Nike, haben sich bereits interne Verhaltenskodizes gegeben, mit denen sie in ihren Unternehmen bestimmte Mindestnormen gewährleisten wollen. Produzenten nutzen auch bereits Gütesiegel – am bekanntesten ist das „Rugmark“-Zeichen für Teppiche, die ohne Kinderarbeit hergestellt wurden.

Hansenne äußerte sich zuversichtlich, daß wenigstens die USA den Vorschlag unterstützen werden. Die Regierung in Washington hat allerdings selbst erst eine der sieben ILO-Konventionen zum Schutz der Beschäftigten ratifiziert. lieb

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