: Geld für Aidsopfer
■ Medizinische Hochschule muß an Aidskranken 300.000 Mark zahlen
Hannover (taz) – Ein Schmerzensgeld von 300.000 Mark muß die Medizinische Hochschule Hannover an einen Aidskranken zahlen. Der Mann war in der Klinik durch eine Knochentransplantation mit dem HIV-Virus infiziert worden. Das Landgericht Hannover wertete es gestern als einen „schuldhaften Behandlungsfehler“, daß dem inzwischen an Aids erkrankten Ingenieur im Jahre 1984 ein Knochensplitter eines HIV-positiven Drogentoten implantiert worden war.
Die 19. Zivilkammer des Gerichts gab damit der Schmerzensgeldklage des 58jährigen Ingenieurs im vollen Umfange statt. Die Medizinische Hochschule hatte im Jahre 1984 durch Organentnahmen bei einem HIV-positiven Drogentoten das HIV-Virus auf insgesamt zwölf Menschen übertragen. Eine Schmerzensgeldzahlung hatte die Klinik jedoch stets abgelehnt, da es 1984 noch keine gesicherten Erkenntnisse über die Übertragbarkeit des Aidsvirus gegeben habe. Auch der Vorsitzende der 19. Zivilkammer des Landgerichts ging gestern davon aus, daß es im Jahre 1984 noch „keine gesicherten medizinischen Daten“ über die Aidsrisiken bei Transplantationen gab. Allerdings habe es zu jener Zeit „deutliche Warnzeichen“ und eine breite Diskussion über die Übertragung des Virus gegeben, begründete Richter Rüdiger Vollbrecht gestern seine Entscheidung. Vor allem hätten sich die Ärzte der Medizinischen Hochschule nicht darauf verlassen dürfen, daß durch Tieffrieren der Knochenimplantate auf minus 80 Grad der Aidserreger abgetötet würde. Der Maßstab an die ärztliche Sorgfaltspflicht sei um so höher anzusetzen, je gefährlicher das Risiko für den Patienten sei. Nach der Entscheidung des Landgerichts muß die Medizinische Hochschule die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Außerdem hat sie auch für jene Schäden zu haften, die nicht von der Krankenversicherung des Ingenieurs gezahlt werden.
Beim Landgericht Hannover ist eine weitere Schmerzensgeldklage eines Studenten anhängig, der seinerzeit ebenfalls durch eine Knochentransplantation an der Medizinischen Hochschule infiziert wurde. Von den zwölf damals infizierten Patienten sind inzwischen vier an Aids verstorben. Jürgen Voges
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