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Beifall für Fujimoris Handstreich

■ Das Ende der Geiselnahme stößt weltweit auf Erleichterung und Zustimmung. Japan beklagt fehlende Information

Präsident Alberto Fujimori hat für die Erstürmung der besetzten Residenz des japanischen Botschafters in Lima von allen Seiten Beifall geerntet. Der japanische Premierminister Ryutaro Hashimoto dankte allen, die bei der Befreiungsaktion dabei waren, beschwerte sich aber darüber, nicht informiert worden zu sein. „Leider wurde uns nicht vorher mitgeteilt, daß es einen Angriff geben wird“, erklärte Hashimoto.

Das Ergebnis jedoch rechtfertige das Vorgehen: „Wer kann Präsident Fujimori kritisieren? Es ist nicht wichtig, ob wir über den Vorgang informiert gewesen sind. Das wichtige ist, daß die Geiseln frei sind“, fügte er hinzu.

Japans Botschafter Morihisa Aoki, der nun nach über vier Monaten erstmals wieder seine Residenz verlassen konnte, sieht das genauso: „Wenn die Rebellen die Botschaft lebend verlassen hätten und dieselbe Sache wieder tun könnten, wären die vier Monate Gefangenschaft umsonst gewesen.“ Der Botschafter beschrieb die Gemeinschaft unter der Geiseln während der Gefangenschaft als besonders aufbauend: „Wir haben unsere Solidarität und Geduld, unseren Selbstrespekt und Mut behalten“, sagte er.

Die japanische Regierung hat sich vom ersten Tag an für eine friedliche Lösung der Krise eingesetzt und versuchte stets, Fujimori von Alleingängen abzuhalten. Jetzt, nach der gewaltsamen Erstürmung, war Japans Kommunistische Partei die einzige politische Kraft, die Fujimoris Entscheidung nicht offen begrüßte.

Die USA hingegen hatten der peruanischen Regierung von Beginn an eine andere Gangart nahegelegt. Gegenüber den Forderungen der „Revolutionären Bewegung Túpac Amaru“ (MRTA) sei eine kompromißlose Haltung einzunehmen, denn mit Terroristen verhandle man nicht.

Fujimori habe mit dem Angriff auf die Residenz des japanischen Botschafters „verantwortungsvoll reagiert“, lobte US-Verteidigungsminister William Cohen. Es habe „keine andere Möglichkeit mehr gegeben“, als die Krise gewaltsam zu beenden. Denn nach vier Monaten Verhandlungen und Lösungssuche „sei es nicht tolerierbar“, daß sich die Krise „um weitere vier oder fünf Monate hinzieht“. Geduld sei zwar eine „Fähigkeit, aber nicht unbedingt unendlich“.

Cohen stellte fest, daß den USA die Befreiungsaktion nicht „offiziell mitgeteilt wurde“. Allerdings habe die Botschaft der USA in Lima Signale gedeutet, die darauf schließen ließen, daß etwas im Gange war. Die USA hätten bei der Befreiungsaktion „keine Rolle gespielt“ behauptete Cohen. Allerdings hat das Pentagon nur wenige Wochen nach der Besetzung der Residenz mitgeteilt, daß die USA technische Hilfe für das peruanische Heer bereitgestellt haben. Als Vertreter der Supermacht freute sich Cohen aber, daß ein Zeichen gesetzt wurde, daß sich „Terrorismus nicht auszahlt“ und potentiellen Terroristen eine Lektion verpaßt worden sei.

Fast alle lateinamerikanischen Regierungen begrüßten das Ende der Geiselnahme. Aus Kuba war vorläufig keine Stellungnahme zu erhalten. Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) zeigte sich in einem Telegramm an seinen befreiten peruanischen Amtskollegen Francisco Tudela „erleichtert“.

Proteste gab es hingegen vor dem peruanischen Konsulat in Hamburg. Vor etwa 30 Demonstranten klagte MRTA-Europasprecher Isaac Velasco die peruanische Regierung wegen des „Massakers“ an den MRTA- Kämpfern an. Und während die politische Öffentlichkeit in Peru der Entscheidung Fujimoris einhellig Beifall zollte, bezichtigte die in Frankreich lebende Mutter des getöteten Guerillaführers Nestor Cerpa Cartolini den Präsidenten, „die internationale Öffentlichkeit getäuscht“ und nicht nach einer friedlichen Lösung gesucht zu haben. Ingo Malcher

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