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Mehr SPD wagen

■ In einer Woche entscheidet SPD über Kandidaten und Weiter-so-Wahlprogramm

Mit Mut zur Selbstironie griffen Hamburgs SozialdemokratInnen in die Tasten und schrieben diese humorigen Zeilen in den Entwurf ihren Wahlprogramms: „Seit 20 Jahren ist Umweltschutz ein Schwerpunkt sozialdemokratischer Politik in Hamburg.“Das sollte nicht die einzige Verwegenheit bleiben. Nur 10 Zeilen später soll man SPD wählen, auf daß Hamburg „ein Umweltstandort erster Wahl bleibt“.

Damit kein Zweifel aufkommt, wie ernst dieses überraschende Bekenntis gemeint ist, wird andernorts im 31seitigen Papier bekräftigt, daß die SPD sich „im Zweifel“für „Arbeitsplätze entscheiden“werde. Und deshalb bereit sei, Natur hin oder her, den Airbus-Standort Finkenwerder nötigenfalls „erneut zu erweitern“.

Der Wahlprogramm-Entwurf des Landesvorstands mit dem Titel „Von Hamburg verstehen wir mehr – gerade in schwierigen Zeiten“, über den der SPD-Parteitag am 2. und 3. Mai abstimmt, enthält drei zentrale Botschaften. Erstens: Weiter so. Zweitens: Wir sind grüner als die Grünen. Drittens: Wir sind wirtschaftsfreundlicher als die CDU. Zur Beweisführung werden die Leistungen der vergangenen 50 Jahre angeführt. Trotzdem soll Hamburg noch mehr Sozialdemokratie wagen. Denn so sehr wie die gesellschaftliche Krise der CDU-geführten Bundesregierung anzulasten ist, so entschieden sind die schönen und guten Seiten Hamburgs der SPD zu verdanken.

In dem Entwurf sprechen die SozialdemkratInnen sich erneut gegen eine Festlegung auf einen möglichen Koalitionspartner aus. Von der GAL grenzen sie sich indirekt massiv ab: Alle umweltpolitisch umstrittenen Projekte, von der Elbvertiefung über Hafenerweiterung bis zum Flughafenausbau, sind ausdrücklich als politische Ziele aufgeführt. Gleichzeitig macht die SPD weiterhin keine klare Aussage zur Stadtbahn und zum Transrapid.

Um den Wirtschaftsstandort zu stärken, sollen nicht neue Dienstleistungsunternehmen angesiedelt, sondern „Zukunftsfelder“wieGentechnik gefördert werden. In der Drogen- und Sozialpolitik hält sich das Programm nach den innerparteilichen Turbulenzen vom vergangenen Jahr sehr zurück. Nur in der Migrationspolitik werden deutliche Worte gefunden: Man nehme „die Sorgen vieler Menschen vor unkontrollierter Zuwanderung und ihre Folgen für die Großstadt sehr ernst.“ Silke Mertins

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