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Ostdeutsche Kumpel ziehen nach Bonn

■ Wenn der Bund die Subventionen für die Sanierung des ehemaligen Braunkohletagebaus kürzt, sind 4.000 Arbeitsplätze in Gefahr - gestern protestierten die Kumpel in der ehemaligen Hauptstadt

Bonn (taz/AFP) – Sie wollten es den Kumpeln im Westen nachmachen: Knapp 4.000 Bergleute protestierten gestern in Bonn gegen eine Kürzung der Sanierungsmittel für die ostdeutschen Braunkohlegebiete. Die IG Bergbau und Energie (IGBE), ostdeutsche Politiker und die SPD- Spitze sprachen sich gegen eine Kürzung der derzeit mit 1,5 Milliarden Mark jährlich subventionierten Sanierung der Braunkohlegebiete in der Lausitz und anderen Gebieten Ostdeutschlands aus. „Eine vernünftige Sanierungspolitik heißt, die jährlichen Mittel auf 2 Milliarden Mark aufzustocken“, betonte IGBE-Chef Hans Berger. Eine Kürzung der Mittel sei verantwortungslos, weil damit immer mehr Menschen arbeitslos würden, sagte SPD-Chef Oskar Lafontaine. Bergarbeiter von Saar und Ruhr unterstützten die ostdeutschen Kumpel beim Protest. Die Bundesregierung hatte für gestern angesetzte Gespräche zur Braunkohlesanierung verschoben.

Der Bonner SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping sicherte den Bergleuten zu, daß seine Partei einer Kürzung der Sanierungsmittel im Bundestag nicht zustimmen werde. Auch ostdeutsche Politiker von FDP, Bündnis 90/ Grüne und PDS forderten die Beibehaltung der Finanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Mark.

Der Bund hatte angekündigt, die Subventionen für die Sanierung der Braunkohleregionen in Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt um ein Fünftel zu senken. Nur noch 1,2 Milliarden jährlich will die Bundesregierung zur Renaturierung der trostlosen Baggerlöcher ausgeben. Da sie derzeit 75 Prozent der Kosten trägt, sind nach Rechnung der Gewerkschaft bis zu 5.000 der rund 12.000 Arbeitsplätze für die ehemaligen Bergleute gefährdet.

So droht nach dem Zusammenbruch der DDR-Braunkohlewirtschaft nach der Wende nun ein weiteres Fiasko für die Bergleute im Osten. Seit die Verhandlungen zwischen den Ministern der ostdeutschen Braunkohleländer und dem Bund zuletzt vor einer Woche in Dresden ergebnislos blieben, demonstrierten die Bergleute bereits in Dresden mit großen Kundgebungen und mit Mahnwachen – ohne große Aufmerksamkeit zu erlangen. Deshalb machten sich nun die Kumpel auf nach Bonn, in der Hoffnung, ein bißchen von dem auszulösen, was vor sechs Wochen den Westkumpeln gelang, als sie mit ihren Protesten die Bundesregierung zur Zahlung höherer Steinkohlesubventionen bewegten. 7,5 Milliarden Mark hat die Bundesregierung bislang in die ostdeutsche Bergbausanierung gesteckt. urb

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