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Radfahrten eines Jedi-Ritters

■ Abschied von Rücklicht und Pubertät: Die ganzheitliche „Star Wars Night“

Zu den fundamentalen Strukturbedingungen von Mythen gehört die Ganzheitlichkeit. Insofern ist es unbedingt zu begrüßen, wenn heute abend im Cinemaxx alle drei Folgen der Star Wars-Trilogie hintereinander gezeigt werden. Schließlich mag es sich beim Krieg der Sterne um einen rechten Plastikmythos handeln, um einen Mythos handelt es sich immerhin. Und denen tut es nicht gut, wenn sie zerstückelt werden. Wobei es gar nicht zur Sache tut, daß die Trilogie bekanntlich nur die Folgen Vier, Fünf und Sechs einer auf neun Episoden angelegten Handlung erzählt.

Ganze Bibliotheken voller Märchenliteratur hat George Lucas durchstreift, während er den Kunstmythos vom Krieg der Sterne entwarf. Was er aber wirklich verstanden hat, ist, daß in mythischen Filmen die Embleme funktionieren müssen. Und wie sie funktionierten, damals, als die Trilogie vor zwanzig Jahren in die Kinos kam! Wen sie zum rechten Zeitpunkt seiner Individuation erwischte, der träumte von Abenteuern nur noch in diesen Bildern. Flog also nach dem Kino auf seinem Fahrrad wie in einem X-Flügel-Jäger davon. Konnte sich gar in dem Topos der Vatersuche wiedererkennen. Und hatte in dem kalten, von wildgewordener Rationalität durchherrschten Imperium endlich den passenden Begriff, der sich wechselnden feindlichen Institutionen von der Schule bis zum Elternhaus überstülpen ließ. Das waren aufregende Zeiten.

Wie es wohl die heutigen Kids halten? Hat sich ja einiges geändert inzwischen, nicht nur was die Animationstechniken betrifft, die die Tricks der Trilogie natürlich längst alt aussehen lassen. Auch die Mythisierungsangebote der Welt sind in den vergangenen zwanzig Jahren ins Unermeßliche gestiegen. Ein heutiger Heranwachsender ist ja bezüglich seiner Mythen längst nicht mehr nur vom Kino abhängig. Er kann sie mit Hilfe von CD-Roms beliebig wechseln.

Dennoch wurde die Neuauflage der Trilogie ein umfassender Erfolg, was zuförderst, ohne das jetzt zu tief analysieren zu wollen, etwas überaus Tröstliches hat. Bei allem Trennenden scheint es auch manches Schulterschließende zwischen den Generationen, den Kids und den Thirty-Somethings, zu geben. Während ich mir inmitten von Kids und Teenagern den ersten Teil der Trilogie erneut anschaue, wurde vor dem Kino von meinem Fahrrad das Rücklicht geklaut. Das läßt hoffen. Wahrscheinlich beleuchtet es gerade die abenteuerlichen Heimfahrten eines neugewonnenen Jedi-Ritters. Möge die Macht mit ihm sein. Dirk Knipphals nur heute, Cinemaxx, 19 Uhr

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