TU scheut Wehrmachtsverbrechen

■ TU-Präsident untersagt Ausstellung über die Wehrmacht in Jugoslawien: Der Ruf sei gefährdet. Asta: „Politische Zensur“

An der Technischen Universität (TU) hat Präsident Hans-Jürgen Ewers eine Ausstellung über die Verbrechen der Wehrmacht in Jugoslawien untersagt. Ewers teilte dem Asta am Mittwoch mit, er befürchte, daß sich die TU „in völlig inakzeptabler Weise mit einer extrem undifferenzierten Sicht des Themas der Wehrmachtsverbrechen identifizieren würde“. Ewers verlangt vom Asta „relevante Informationen“, um die Ausstellung zunächst begutachten zu lassen.

Der Asta bezichtigte Ewers der „politischen Zensur, die wir uns nicht gefallen lassen“. Die Ausstellung sollte vom 7. Mai an im Lichthof der Universität zu sehen sein. Nach Informationen des Asta werden anhand von Fotos deutscher Soldaten Hinrichtungen gezeigt. Die Ausstellung stütze sich zudem auf Faksimile des Völkischen Beobachters, sie präsentiere interne Dienstvorschriften der Wehrmacht und Fotos aus Konzentrationslagern in Jugoslawien. Das Heidelberger Jugoslawien-Bulletin stellte die Dokumentation zusammen, die auf neuem Archivmaterial aus dem ehemaligen Jugoslawien basiert. Sie ist nicht identisch mit der Wanderausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung über die Rolle der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Asta und Ausstellungsmacher äußerten sich empört über Ewers' Verbot. Es gehe dem Präsidenten nicht um die Seriosität der Ausstellung, „sondern um die Revision eines Geschichtsbildes“, sagte Ralf Siemens vom Mitveranstalter, der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär. Das Verbot sei ein „politischer Skandal“. Der TU-Präsident versuche die Ehre des Soldatenhandwerks zu retten, sagte Siemens. Der Asta erwägt, gegen das Verbot zu klagen. Die Studentenvertretung sei ein selbständiges Organ der Universität, dem eine Ausstellung nicht verwehrt werden könne.

Präsident Ewers befürchtet eine Rufschädigung wegen des provozierenden Titels der Ausstellung: „Soldaten sind Mörder — Verbrechen der Wehrmacht 1941–1944“. Ewers sperrte einstweilen die gesamte Uni für die Ausstellung und drohte, auch eine für Juni geplante Veranstaltungsreihe über die Rolle der TU bei der Vorbereitung des Ersten und Zweiten Weltkrieges nicht zu genehmigen. Die TU war 1946 in bewußter Abgrenzung zu Technischen Hochschule Charlottenburg wiedergegründet worden. Die „Charlottenburger“, wie es zu Kaisers Zeiten hieß, hatten sich unter anderem als glühende Verfechter des Tirpitzschen Flottenbauprogramms hervorgetan.

Die Ausstellung war bislang in Heidelberg, Göttingen, Kassel und Braunschweig zu sehen. Sie hatte jeweils heftige Debatten über das Bild der Wehrmacht ausgelöst. cif