Der Pate als Zaungast

■ Lange hat Frankreich Zaires Diktator unterstützt – jetzt steht Paris außen vor

Paris (taz) – Weil sie „profranzösisch“ sind, mußten der togolesische und der kongolesische Staatschef von Bord der „Outeniqua“ gehen. Der französische Botschafter in Brazzaville, der ebenfalls der ersten Begegnung zwischen dem stürzenden zairischen Diktator Mobutu und dem vormarschierenden Rebellenchef Laurent-Désiré Kabila beiwohnen wollte, wurde in die Schiffsbar geschickt. Und von der Rücktrittsabsicht ihres Verbündeten und Schützlings im Herzen Afrikas erfuhr die Regierung in Paris aus der US-amerikanischen Presse.

Bei den neuesten Entwicklungen im Herzen Afrikas steht Frankreich völlig am Rande. Die einstige Kolonialmacht, die bis heute ein eigenes Ministerium für die Kooperation mit den unabhängig gewordenen Staaten ihres Einflußbereiches betreibt, die regelmäßig „franko-afrikanische-Gipfel“ organisiert und die im Präsidentenpalast einen ganzen Stab von meist im Hintergrund agierenden Afrika-Politikern hält, hat sich in dieses Abseits selbst hineinmanövriert.

Die ehemalige belgische Kolonie Zaire, das bodenschatzreiche, wenngleich wirtschaftlich und politisch ruinierte größte Land in Schwarzafrika, gilt der Pariser Regierung als zentrales Element ihrer regionalen Politik. Und Diktator Mobutu galt stets als der einzige Garant für den Zusammenhalt des vielfach zerrissenen Landes. Seit Jahrzehnten pflegen Frankreichs Präsidenten enge Beziehungen zu ihm. Mehrfach schickten sie ihm eigene Soldaten gegen Aufständische zu Hilfe oder sorgten dafür, daß der marokkanische König Hassan II. ihn militärisch unterstützte. Die blutigen Unruhen in Kinshasa, die massiven Menschenrechtsverletzungen, die Plünderungen der zairischen Armee – all das sorgte nur für vorübergehende Unterbrechungen der privilegierten Beziehungen.

Vollends rehabilitiert war Diktator Mobutu in Paris, seit Frankreich im Jahr 1994 von zairischem Territorium aus die Militäroperation „Türkis“ organisierte – die offiziell dem Schutz von Hunderttausenden aus Ruanda flüchtenden Hutu galt. Während Belgien und die USA Mobutu als „persona non grata“ betrachteten, konnte er seither wieder ungestört zum Zahnarzt und zur Prostatakrebsnachbehandlung nach Frankreich kommen und sich erneut in seiner Villa an der Côte d'Azur einrichten, wo er die meiste Zeit der vergangenen Monate verbrachte. Von dort aus richtete er im März einen Waffenstillstandsaufruf an sein Volk, bevor er wenige Tage später in einem inszenierten Triumphzug für wenige Tage nach Kinshasa reiste.

Weder in Europa noch in der UNO fand Frankreich Mitstreiter für den Vorschlag einer Militärintervention in dem Bürgerkriegsland. In Verkennung des innerzairischen Kräfteverhältnisses wollte es damit noch vor wenigen Wochen für ein Ende der Konflikte sorgen. Gleichzeitig organisierten französische Militärs, angeblich ohne offizielle Unterstützung aus Paris, eine internationale Söldnertruppe in Zaire, die der auseinanderfallenden mobutistischen Armee helfen soll. Statt Kontakte zu den Rebellen zu suchen, beschränkte sich Paris darauf, im Januar Emissäre aus dem involvierten Nachbarland Uganda zu empfangen. Statt ihm den Rücktritt nahezulegen, empfahl Staatspräsident Chirac dem Diktator Mobutu bloß, Verhandlungen mit den Rebellen aufzunehmen – und das auch erst Ende März.

Unterdessen bereiteten die USA die Nachkriegszeit in Zaire vor. Der vormarschierende Rebellenchef spricht konsequent Englisch. Dorothea Hahn