: Kein Asylrecht für kurdischen „Dorfschützer“
■ Hessisches Oberverwaltungsgericht lehnt Asylrecht für Kurden ab, die gezwungen werden, in den türkischen Dorfmilizen die PKK-Guerilla zu bekämpfen
Freiburg (taz) – Kurden, die sich weigern, als „Dorfschützer“ gegen die PKK-Guerilla zu kämpfen, können derzeit in Deutschland kein Asyl erhalten. Dies entschied gestern der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel im Falle eines 24jährigen Mannes aus der türkischen Stadt Cizre. Der Kurde fürchtet im Falle seiner Abschiebung Repressalien des türkischen Staates.
„Dorfschützer“ nennt man die vom türkischen Militär eingerichteten Dorfmilizen im kurdischen Siedlungsgebiet der Türkei. Kurdische Männer erhalten dabei Waffen und Munition, um gegen die kurdische PKK-Guerilla zu kämpfen. Die PKK hat im Gegenzug die „Dorfschützer“ zu bevorzugten Anschlagszielen erklärt. Für die Kurden ist es daher ein doppelt unattraktiver Job, als Dorfschützer tätig sein zu müssen.
Kein Wunder, daß viele Kurden versuchen, sich dieser Aufgabe durch Flucht zu entziehen. Einige hundert dieser Dorfschutz-Verweigerer dürften auch in der Bundesrepublik Zuflucht gefunden haben.
Bis Anfang der 90er Jahre hatten deutsche Gerichte die Asylrelevanz des Dorfschützer-Systems völlig verneint. Erst das Bundesverfassungsgericht stellte klar, daß Repressalien für geflohene Dorfschützer als „politische Verfolgung“ gesehen werden können, weil das System der gezielten Spaltung der kurdischen Bevölkerung diene. Asyl steht ihnen dennoch keines zu, entschied gestern der VGH Kassel. Die Weigerung, Dorfschützer zu werden, sei nicht strafbar und führe deshalb nicht zur Strafverfolgung, so der VGH.
Zwar könne es durchaus zu „Mißhandlungen und Repressalien“ der örtlichen Behörden kommen. Diesen könnten sich die Verweigerer aber durch Flucht in die Westtürkei entziehen.
Der Anwalt des Kurden hatte dagegen geltend gemacht, daß Männer, die sich weigerten, Dorfschützer zu werden, schnell in den Verdacht kämen, PKK-Anhänger zu sein. Als solche würden sie dann auch landesweit verfolgt.
Im Einzelfall wollte die hessischen Richter dies auch nicht ausschließen. Der 24jährige konnte in ihren Augen jedoch nichts vortragen, weshalb er im Falle seiner Rückkehr besonders gefährdet sei. Christian Rath
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