: 2.400 Lehrstellen zuwenig
■ Mittlerweile streiten sich um jeden Ausbildungsplatz in Hamburg mindestens zwei Jugendliche
Traumberufe haben sie sich eh abgeschminkt. Viele Jugendliche, die in diesem Jahr noch eine Lehrstelle in Hamburg suchen, nehmen, was sie kriegen können. Denn auf einen Ausbildungsplatz kommen inzwischen schon mehr als zwei BewerberInnen. 4.460 Jugendliche suchten Ende April über das Arbeitsamt noch eine Lehrstelle, 2.069 Ausbildungsplätze stellte Hamburgs Wirtschaft ihnen zur Verfügung. Rein rechnerisch, so konstatierte Hans-Otto Bröker vom Hamburger Arbeitsamt gestern, fehlen inzwischen also 2.400 Lehrstellen (im März waren es noch 2.000).
Schuld daran sind Hamburgs Arbeitgeber, die immer weniger Lehrstellen schaffen. Im Vergleich zu den Vorjahren sinke die Zahl der dem Arbeitsamt gemeldeten Ausbildungsstellen immer stärker, während die Zahl der BewerberInnen aufgrund geburtenstarker Jahrgänge überproportional angestiegen sei, rechnete Hans-Otto Bröker vor.
Ganze 709 Lehrstellen in gewerblich-technischen Berufen bieten Hamburgs Arbeitgeber derzeit über das Arbeitsamt an, vor fünf Jahren waren es im gleichen Monat noch mehr als 2.600. Ein ähnlich drastischer Rückgang bei den Dienstleistungsberufen: 1.360 Ausbildungsplätze sind hier noch frei, im April 1992 waren es immerhin 3.340 gewesen.
Um den Lehrstellenmarkt wenigstens etwas zu beleben, lädt das Arbeitsamt am 29. Mai Jugendliche zu einem „Fest für mehr Ausbildung“in seine Hallen in der Kurt-Schuhmacher-Allee. Handels- und Handwerkskammer sowie Betriebe, die noch Lehrstellen im Angebot haben, wollen kommen. Zum Beispiel die Hamburger Sparkasse, die immer noch Nachwuchs sucht.
Die Zahl der Erwerbslosen in Hamburg hat sich dagegen seit Ende März nur geringfügig verändert, sie ging um ganze 40 Personen zurück und lag Ende April bei insgesamt 92.075. Zur gleichen Zeit waren ganze 4.925 Stellen im Angebot des Arbeitsamtes. Angesichts dieser „Normalität“zeigte sich Arbeitsamtschef Olaf Koglin prompt recht zufrieden.
Insgesamt 11.455 Menschen meldeten sich im April neu arbeitslos. Auffällig sei hier, so betonte der Arbeitsamtschef, daß nur zwei Fünftel von ihnen tatsächlich ihren Arbeitsplatz verloren hätten, drei Fünftel der „Neuzugänge“dagegen hatten auch zuvor keine feste Arbeitsstelle. Sie kommen zum Teil aus Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, haben ihr Studium abgeschlossen oder melden sich nach Jahren des Hausfrauendaseins wieder arbeitslos.
Karin Flothmann
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