Dachdecker demonstrierten

■ Hunderte Handwerker wütend über Nullrunden-Vorschlag bei Tarifverträgen / Kompromiß zur Lohnfortzahlung „demütigend“

Dachdecker aus dem gesamten Bundesgebiet haben am Freitag in Bremen anläßlich der Messe „Dach + Wand“gegen die Tarifpolitik der Arbeitgeber im Dachdeckerhandwerk protestiert. Nach Angaben der Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt warten die rund 85.000 Beschäftigten der Branche seit fast einem Jahr auf einen neuen Einkommenstarifvertrag. An der Demonstration gegen diese „Null-Runde“nahmen der Gewerkschaft zufolge rund 1.000, nach Polizeiangaben etwa 700 Menschen teil. Sie forderten unter anderem einen „gerechten Lohn“, mindestens aber einen Lohnzuwachs von 1,85 Prozent.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft, Ernst-Ludwig Laux, kritisierte die „Totalverweigerung“der Arbeitgeber als „sozialpolitisch verantwortungslos“. Obwohl die Unternehmer ihr Verhalten damit gerechtfertigt hätten, Arbeitsplätze sichern zu wollen, hätten zahlreiche Dachdecker in den vergangenen Monaten ihre Arbeitsplätze verloren, sagte Laux vor Journalisten. So seien im April gegenüber dem Vergleichsmonat 1996 bundesweit etwa 6.000 Dachdecker entlassen worden.

Demonstranten und Gewerkschafter forderten die Arbeitgeber auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Ziel des Protestes sei es, zu zeigen, „daß wir über die Löhne verhandeln wollen“, betonte Laux. Zugleich verwies er darauf, daß es für die Dachdecker keine Friedenspflicht gebe. Henning Scherf (SPD) verlangte auf einer Kundgebung außerdem die unverzügliche Wiedereinführung des Schlechtwetter-Geldes für das gesamte Baugewerbe.

Als „demütigend für die über eine Million Bauarbeiter“hat der Landesvorsitzende Niedersachsen/Bremen der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Peter Ebbrecht, den Schlichterspruch im Baugewerbe kritisiert. „Weil Bauarbeiter bei Wind und Wetter ihre Haut zu Markte tragen, werden sie eher krank“, sagte Ebbrecht am Rande der Demo. Dafür würden sie mit einer Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 80 Prozent in den ersten drei Wochen bestraft.

Dies treffe die Bauarbeiter besonders hart, sagte Ebbrecht. Bei Einbußen von rund 500 Mark „kommen die damit nicht zurecht“. In seinem Bezirk mache sich zum Teil „große Wut“breit. Mit dem Schiedsspruch wird sich der Landestarifausschuß Niedersachsen/Bremen der Gewerkschaft am Sonnabend befassen. Die große Tarifkommission tagt am Montag. Die Erklärungsfrist läuft bis zum 21. Mai 16.00 Uhr. dpa

dpa/lni cd am