: Deutsche Stromer sichern sich Berliner Happen
■ Stromversorger Bewag soll zu jeweils 23 Prozent an Veba, Viag und US-Firma verkauft werden. EU-Kommission soll Bedenken des Kartellamts aushebeln
Berlin (taz) – Der Berliner Stromversorger Bewag ist so gut wie verkauft. Bis Anfang der nächsten Woche sollen nach den Erwartungen der Berliner Finanzverwaltung die Konzernspitzen der drei Interessenten dem Milliardendeal zugestimmt haben.
Offiziell hüllt man sich in Schweigen, doch die durchgesickerten Details scheinen klar: Die deutschen Stromkonzerne Veba und Viag und der US-Konzern Southern Company sollen die 50,8 Prozent der Landesanteile für insgesamt 2,95 Milliarden Mark übernehmen. Ursprünglich war man von einem Preis von über drei Milliarden Mark ausgegangen.
Veba und Viag, die bisher bereits 14 Prozent der Stimmanteile an der Bewag halten, sollen ebenso wie Southern Company ihre Beteiligung auf jeweils 23,6 Prozent ausbauen. Die deutschen Stromer sollen im Aufsichtsrat die Mehrheit erhalten. Dafür soll der Southern Company die Geschäftsleitung angetragen werden.
Die restlichen 29,2 Prozent der Bewag bleiben in Streubesitz. Der Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus wollen nächste Woche über den Vertrag entscheiden.
Das Bundeskartellamt hat seine kritische Haltung zu dem Handel wiederholt: Eine weitere Beteiligung der Veba, die neben der Bewag auch die Stromversorger des Berliner Umlandes dominiert, „ist für uns nicht akzeptabel“, meinte der Chef der Beschlußabteilung, Kurt Markert. Für die Wettbewerbshüter würde die Veba ihre ohnehin marktbeherrschende Stellung auf dem Strommarkt im Berliner Raum ausweiten.
Die Bedenken des Kartellamtes gegen den Deal sind allerdings der Berliner Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) ein Dorn im Auge. Deshalb wurde ihre Verwaltung in der vergangenen Woche im Bundeswirtschaftsministerium vorstellig, wie aus der Verwaltung bestätigt wurde.
Da der Tatbestand des „Kontrollerwerbs“ durch den Vertrag erfüllt ist, ist kartellrechtlich zunächst die EU-Kommission in Brüssel zuständig. Dort, so hofft offenbar die Berliner Politikerin, wird in einer politischen Entscheidung der 20 Kommissare die Finanznot Berlins als Argument für den Deal eher akzeptiert als bei deutschen Wettbewerbshütern.
Fugmann-Heesing wünscht sich vom Wirtschaftsministerium, auf den normalerweise üblichen Verweis des Falls von Brüssel ans Berliner Kartellamt zu verzichten. Die Berliner Bündnisgrünen haben der Finanzsenatorin deshalb „Rechtsbeugung“ vorgeworfen. B. Pötter Kommentar Seite 10
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