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Umweltschutz zum Spartarif

Sanierung der Gift-Deponie Müggenkamp auf der Veddel billiger als gedacht  ■ Von Achim Fischer

Weniger ist genauso viel, rechnete gestern Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) vor. Die hochgiftige Müllkippe Müggenkamp auf der Veddel soll für sieben anstatt ursprünglich geplanter 50 Millionen Mark saniert werden. Der Effekt für die Umwelt, versprach Vahrenholt, bleibe der gleiche, denn das Geologische Landesamt seiner Behörde habe „neue Erkenntnismöglichkeiten“gewonnen. „Die Modellrechnungen haben ergeben, daß eine vergleichsweise einfache Maßnahme das Gefährdungspotential genauso stark verringert wie eine aufwendige Einkapselung der gesamten Deponie“, so Vahrenholt. Sprich: Mehr Sauberkeit für weniger Geld.

In den 60er Jahren hatte Hamburgs Industrie so ziemlich alles, was giftig ist, in die ehemalige Tongrube geschüttet: Dioxine, PCB, arsenschwermetallhaltige Schlämme, Rückstände aus der Pestizidproduktion. Fünf Meter hoch türmte sich der Giftmüll schließlich – auf einer Fläche von umgerechnet 12 Fußballfeldern. Bis zu diesem Jahr war die Deponie nicht gesichert. Der natürliche Untergrund – jahrhundertealte Elbsedimente – dichtet den Müll zwar zum Grundwasser hin ab. Allerdings wurde diese schützende Schicht beim Bau der benachbarten Autobahn A 1 verletzt. Deshalb sickerten hochbelastete Stoffe ins Grundwasser.

Die Umweltbehörde wollte die Giftgrube zunächst „einkapseln“. Vier Wände und ein Deckel sollten den Müll von der Umgebung abdichten, damit aus der Deponie kein Gift mehr austreten könne. Durch den Deckel sollte auch kein Regenwasser mehr in die Giftgrube eindringen können, so daß sich die schwabbelige Masse bei stetem Abpumpen irgendwann einmal trockenlegen ließe. 50 Millionen Mark hätte diese Maßnahme gekostet, ohne Erfolgsgarantie. Denn die Erfahrungen im technischen Umweltschutz haben gezeigt, daß keine Dichtung richtig dicht hält. Die Müggenkamp-Deponie wäre auf Jahrzehnte feucht geblieben, Sickerwasser wäre über Jahrzehnte ausgetreten.

Nach den Berechnungen des Geologischen Landesamtes fließen 90 Prozent des Sickerwassers in Richtung Autobahn. Weitere sechs Prozent strömen in verschiedene Richtungen, schlagen „früher oder später“aber auch den Weg zur Autobahn ein, so Rudolf Hecht, Altlastenexperte in der Umweltbehörde. Die übrigen vier Prozent sickerten ins Grundwasser, würden jedoch durch die Elbsedimente gefiltert.

Die Umweltbehörde dichtet nun die Deponie mit einer Stahlwand zur Autobahn hin ab, sammelt dort das Wasser über eine Drainageleitung und reinigt das Wasser in der Kläranlage des benachbarten Müllberges in Georgswerder.

Die Stadt muß die Sanierung bezahlen, da es die beiden Betreiberfirmen der Deponie nicht mehr gibt und da sie damals die Anlage genehmigte. Mit den eingesparten 43 Millionen Mark will die Umweltbehörde drei andere Sanierungen finanzieren, die sie nun früher als geplant angehen kann.

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