: Scherf hat „mies nachgetreten“
■ Grüne, AfB und FDP fordern: Justizsenator soll zurücktreten
Justizsenator Henning Scherf (SPD) steht unter Druck. AfB, Grüne und die FDP haben gestern seinen Rücktritt gefordert. Innensenator Ralf H. Borttscheller (CDU) hat Scherf in einem Focus-Artikel empfohlen, das Justizressort an die CDU abzugeben. Als Rücktrittsforderung wollte Borttscheller seine Äußerung zwar nicht verstanden wissen, dennoch machte er unmißverständlich klar, daß er Scherf das Justizressort nur noch diese Legislaturperiode lassen will.
„Markige Sprüche klopfen ist das eine, Konsequenzen zu ziehen das andere“, kommentierte Gerhild Engels, die justizpolitische Sprecherin der Grünen, die Äußerungen Borttschellers. Die Grünen haben den Antrag gestellt, Scherf von seinen Aufgaben als Justizsenator zu entbinden. Der Antrag wird am Mittwoch in der Bürgerschaft verhandelt.
Nach dem Rücktritt Göbels hatte Scherf seinen Staatsrat als „Richter“und „Verwaltungsbeamten“bezeichnet, der mit dem Strafvollzug überfordert gewesen sei. „Es ist schäbig, wie er mir hinterhertritt“, konterte Göbel. Rückendeckung bekam er fast von allen Fraktionen: „Mies nachgetreten“, empörte sich Andreas Lojewski, Sprecher der AfB-Bürgerschaftsfraktion, über die Äußerungen Scherfs. „Scherf kommt offenbar mit dem Druck nicht klar und schlägt jetzt blind um sich und trifft denjenigen, der ihn jahrelang stützte.“CDU-Fraktionschef Ronald Mike Neumeyer schlug in die gleiche Kerbe. „Ich habe Respekt vor Herrn Göbel. Ihm jetzt ein schlechtes Zeugnis auszustellen ist nicht höflich – schon gar nicht, wenn es Leute tun, die auch politisch Verantwortung tragen“, sagte er gegenüber dem Weser-Kurier. „Es ist bedrückend, wenn ein Senator nach mehrjähriger enger Zusammenarbeit seinem engsten Mitarbeiter und Stellvertreter mangelnde Durchsetzungskraft attestiere und ihm damit indirekt vor der Öffentlichekti die Schuld für das Chaos in der JVA zuschiebt“, sagte auch Peter Braun, Landesvorsitzender der FDP. Gestern haben sich Göbel und Scherf vertragen und „eine gemeinsame Sprachregelung gefunden“, wie eine Ressortsprecherin formulierte. „Ich bin Michael Göbel für seine jahrelange Arbeit im Justizressort dankbar“, ließ Scherf gestern verbreiten. „Ich habe nie an seiner umfassenden Befähigung gezweifelt, die Justizbehörde zu leiten. Daß durch Interviewäußerungen der gegenteilige Eindruck entstehen konnte, lag nicht in meiner Absicht.“
In der Regionalsendung Buten und Binnen hatte Scherf am Freitag versichert, er hätte die Probleme gern gemeinsam mit seinem Staatsrat durchgestanden. Insider berichten allerdings, daß Scherf den Rücktritt Göbels hingenommen hätte „ohne mit der Wimper zu zucken“. kes
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