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"Pan Tau ist nun im Wald"

■ Pan Taus Witwe über den Schauspieler Otto Simanek, der vor fünf Jahren starb, seine Leidenschaft fürs Pilzesammeln und den tschechischen Kinderfilm

Als Pan Tau verzauberte der Schauspieler Otto Šimánek zwischen 1966 und 1982 in mehr als 30 Episoden Millionen Kinder und Erwachsene. Die vom WDR koproduzierte Serie erhielt Dutzende von internationalen Preisen. Šimánek tippte sich aber nicht nur an die Melone, sondern gehörte auch zum Ensemble des Prager Stadttheaters und lehrte am Konservatorium Pantomime. Im Mai 1992 starb er an einem Herzinfarkt – wenige Wochen nach seinem 67. Geburtstag. Seine Frau, die freischaffende Künstlerin Ludmila Muchová-Šimánková, arbeitet in Prag.

taz: Pan Tau ist unvergessen.

Ludmila Muchová-Šimánková: Für mich war die Tatsache, daß Otto tot ist, lange irreal. Irgendwie spürte ich ihn immer bei mir. Noch Jahre nach seinem Tod sprach der Anrufbeantworter mit seiner Stimme. An der Haustür steht sogar heute noch sein Name. Wir waren halt ein perfektes Paar.

Im letzten Pan-Tau-Film spielte Ihr Mann einen alten, alkoholabhängigen Schauspieler. Wollte er den Kindern die Trennung erleichtern?

Ein schlimmer Film. Otto wollte ihn nicht machen, aber der Dramaturg Ota Hofmann und Regisseur Jindrich Polak drängten ihn dazu. Die drei waren alte Freunde. Später hat er sich geärgert und, ich glaube, auch geschämt. Er fühlte sich Pan Tau verpflichtet und deshalb wie ein Verräter.

War Ihr Mann deprimiert, daß er als großer Schauspieler im Land bleiben mußte?

Keineswegs. Er hat sich hier sehr wohl gefühlt, in der Stadt, bei der Arbeit. Er war Prager. Im Gegensatz zu mir hegte er nach dem Zweiten Weltkrieg große Sympathien für den Kommunismus, doch bereits vor 1968 verlor er diesen Enthusiasmus. Von der 89er Revolution war er begeistert, Havel kannte er ja vom Theater. Während der vielen Feiern, die wir hier und in unserer Wochenendhütte hatten, wurde nie sehr ernst über Politik gesprochen.

Ihr Mann hat viele Filme mit den auch in Deutschland bekannten Schauspielern Vladimir Mensik und Vlastimil Brodsky gemacht.

Grundsätzlich war der Kinderfilm in der Tschechoslowakei angesehener als im Westen. Man ging als Schauspieler mit einer ganz anderen Einstellung an die Sache – irgendwie mit Stolz. Wer mitmachte, gehörte dazu. Mit Vladimir Mensik und Vlastimil Brodsky verband Otto viel, aber seine engsten Freunde kamen aus Ostrau, wo er Ende der fünfziger Jahre im staatlichen Theater arbeitete.

Wurde Ihr Mann in Ostrau beerdigt? In Prag sucht man sein Grab vergeblich.

Kurz nach seinem Tod wurde Otto eingeäschert. Die Urne bekam ich. Niemand hat sich für den toten Schauspieler interessiert. So konnte ich ihn in einem ostböhmischen Wald beerdigen, wo er früher sehr glücklich war. Dort kann er jetzt in aller Ruhe seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: dem Pilzesammeln.

Pan Tau tippt auf seine Melone, und Pilze schießen aus der Erde?

So ähnlich. Einmal lief er ganz glücklich aus dem Wald zur Hütte, tanzte vor mir herum und rief voll Entzücken: „Stell dir vor, was passiert ist – unser Wald ist voller Pilze!“ Er tat mir ganz leid, als ich ihm gestehen mußte, daß ich ihm mit Plastikpilzen aus dem Nationaltheater einen Streich gespielt hatte. Interview: Wolfgang Jung

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