: Kampf dem Atemgift Ozon
■ Greenpeace tingelt durch Deutschland und fordert Senkung des Ozongrenzwerts - Umweltressorts in Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen überzeugt
Tempolimit? Noch im letzten Sommer waren die Ozonwarnungen im Autoradio nur Störfaktoren beim Musikhören während des Geschwindigkeitsrauschs auf der Autobahn. Das soll im nächsten Sommer (1998) anders werden - fordert Greenpeace. Deshalb gehen die Umweltschützer jetzt auf Tour in ganz Deutschland, um die Umweltressorts von ihrer Idee zu überzeugen. In Bremen lagen gestern Erfolg und Mißerfolg dicht beieinander: Zwar konnten die Aktivisten ihr Anliegen nicht persönlich bei Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) vorbringen. Das Bremer Umweltressort sagte dem Umweltschützern allerdings zu, die Ozongrenzwerte zu senken - ohne sich aber auf einen Wert festzulegen.
Die Umweltschützer haben allerdings klare Vorstellungen: Autos ohne Katalysator sollen künftig nur noch 120 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft aus dem Auspuff blasen dürfen. Autos mit Katalysator sollen erst ab 180 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft aus dem Verkehr gezogen werden. Aus Schleswig-Holstein und Hamburg hat Greenpeace schon die Zusage, daß das Bundesland und der Stadtstaat die Begrenzung von 180 Mikrogramm pro Kubikmeterdurchsetzen wird. Dieser Wert liegt bereits unter dem Grenzwert, den Bundesumweltministerin Merkel (240) gesetzlich verankert hat.
Den Umweltschützern sind allerdings beide Werte noch zu hoch. Rainer Steenblock, Umweltminster in Schleswig-Holstein, spricht sich immerhin dafür aus, die Durchsetzung der Fahrverbote strenger zu kontrollieren. Ausnahmen dürften nur in Extremfällen gemacht werden, zum Beispiel bei den Rettungs diensten. Die Ausrede: „Ich fahre gerade in den Urlaub“– bisher ein Freifahrtschein – gilt nicht mehr. Die falschen „Urlauber“müssen sich überzeugendere Argumente einfallen lassen, als auf die Zahnbürste und die Badelatschen auf dem Rücksitz zu verweisen. Die Tickets im Handschuhfach, zum Beispiel. Denn: Wer tatsächlich mit dem Auto in die Ferien fährt, darf auch weiter aufs Gaspedal treten.
Greenpeace-Luftschadstoffexperte Karsten Smid begrüßt den Kieler Vorstoß, er verweist aber im selben Atemzug darauf, daß in Baden-Baden schon Anfang Mai Ozonspitzenwerte (192 Mikrogramm) gemessen wurden. Das zeige deutlich, daß die Werte noch weiter gesenkt werden müßten. Ein weiteres Argument für die Senkung der Werte, seien die Gesundheitsschäden. Gerade bei Kindern würden gesundheitliche Schäden schon bei 120 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter Luft auftreten, so Smid. Insofern ist Smid mit der Zusage aus dem Bremer Umweltressort schon ganz zufrieden.
Rita Kellner-Stoll begrüßte die Initiative der Umwelt-Aktivisten. „Aber eigentlich ist doch eine andere Verkehrspolitik gefragt“, sagte die Abteilungsleiterin in der Umweltbehörde. Zwar würde sich Bremen dem Vorbild Schleswig Holsteins folgen.Insofern sei das ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis wirtschaftliche Interessen diesem Vorstoß in den Weg stellen würde.
cp
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen