Das Portrait
: Der Mann mit dem steifen Kragen

■ Eric Cantona

Eric Cantona, Fußballstar und Dichter Foto: AP

„In ihrer Seele weiß die Schwalbe, wann es Zeit ist, zu gehen“, sagt Eric Cantona in seinem Werbespot für den Eurostar-Zug. Am Sonntag folgte Cantona seiner Seele und ließ weinende Fans auf dem Vereinsgelände seines Arbeitgebers Manchester United zurück. Selbst Trainer Alex Ferguson, der in der Öffentlichkeit seit Jahren die Rolle des harten Schotten spielt, mußte ein paarmal schlucken, als er den Rücktritt seines Mannschaftskapitäns kommentierte.

Eric Cantona, das mutmaßlich bekannteste Gesicht des englischen Fußballs, hört auf. Die Nachricht kam wie aus dem Nichts, auch wenn es seit Wochen Gerüchte gab, United könnte den Franzosen verkaufen, der diese Woche 31 wird und eine schlechte Saison hatte. Nun ist Cantona selbst allen Entscheidungen zuvorgekommen. „13 Jahre lang habe ich professionellen Fußball gespielt. Ich hatte immer vor, auf dem Höhepunkt aufzuhören, und bei United habe ich die Spitze erreicht. Ich möchte nun etwas anderes machen“, hieß es in seiner Erklärung, die er verlesen ließ. Der Stürmer selbst war bereits in Urlaub gefahren.

Es war sein Fußballspiel und es war sein Charakter, was Cantona heraushob aus der Masse der Profis. Den hochgestellten Trikotkragen als Markenzeichen, verhalf er United mit 82 Toren in 185 Spielen zu vier englischen Meisterschaften in den zurückliegenden fünf Jahren. Bevor er kam, hatte der Klub 26 Jahre auf den Titel warten müssen. Nur mit Toren aufzufallen, hat Cantona jedoch nie genügt. Der Franzose gefiel sich als Philosoph und Poet, er verglich die Werke seines Lieblingsdichters Rimbaud mit den Pässen des brasilianischen Fußballers Pelé („Beide sind die Realisierung des Schönen, das uns berührt und erahnen läßt, was Ewigkeit bedeutet“).

Zuletzt mißrieten ihm die Torschüsse des öfteren, am augenscheinlichsten im Europacup-Halbfinale gegen Borussia Dortmund. Als er unlängst um eine vorzeitige Verlängerung seines bis Sommer 1998 datierten Vertrages bat, zögerte Uniteds Klubführung. Vielleicht war das der wahre Grund für den Abschied.

Ob er wirklich für immer geht? Filmschauspieler werde er, behauptet die Daily Mail. Andere wollen nicht glauben, daß er aufhört und verweisen auf Angebote von Real Zaragoza, aus Japan, den USA – und von Olympique Marseille. In seinem Eurostar-Werbespot sagt Eric Cantona: „Und die Schwalbe weiß im Herzen, wann der Zeitpunkt kommt, nach Hause zurückzukehren.“ Ronald Reng