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Tauben vögeln vergebens!

■ Erfolgreicher Modellversuch aus Kreuzberg stößt auf Interesse in Bremen

Der Roland ist vollgeschissen. Auf einigen Balkonen der Bürgerschaft stapelt sich der Kot. Und der Dom sieht auch schon wieder ganz fleckig aus. Wenn Hans-Christoph Hoffmann, Leiter des Bremer Amtes für Denkmalschutz, auf irgendetwas schlecht zu sprechen ist, dann sind es Tauben. „Wir kommen mit dem Putzen einfach nicht mehr nach“, beschwert sich Bremens oberster Denkmalschützer.

200.000 Mark wären nötig, um allein das Rathaus einzunetzen. „Alles in allem summieren sich die Schäden auf Millionenbeträge, so Hoffmann. Um der „Scheißplage“Herr zu werden, müßte man seiner Meinung nach die Bremer Taubenpopulation halbieren. Allerdings ist Hoffmann kein Verfechter radikaler Mordtheorien. „Ich will die Viecher nicht vergiften.“

Hellhörig wird Hoffmann jetzt bei einem fast abgeschlossenen Versuch in Berlin-Kreuzberg. Motto: „Verhütung für Flugratten“, so der Kreuzberger Amtstierarzt Jürgen Bach. Um bis zu 30 Prozent ist die Anzahl der Tauben zurückgegangen. Auch in Hannover und Braunschweig gilt der Feldversuch als erfolgreich. In den zwei Städten und dem Berliner Bezirk wurde den Tauben eine Anti-Baby-Pille verabreicht. Übrigens eine Pille für Frau und Mann. Auch die Männchen reagieren. „Die haben einfach keine Lust mehr auf Sex“, so Bach.

Nebenwirkungen wurden nicht festgestellt. Auch nicht bei den Weibchen. Das erklärt sich der „Vater der Pille“, Tierarzt Karl-Heinz Rademacher, so: „Ich nehme nur Hormone, die beim Menschen schon seit 30 Jahren eingesetzt werden.“Diese werden in medizinischen Zement verpackt. Schluckt die Taube die Pille, wird diese im Magen allmählich zerrieben und kann so die Steroide freisetzen. „Das hält bis zu vier Monate an“, sagt Rademacher. Auch Überdosen sind kein Problem. „Mehrere Tests haben dabei keine Nebenwirkungen ergeben.“

Zur Pille gab's eine Info-Kampagne für die Kreuzberger Tauben-Fans: „Nicht-Füttern ist Tierschutz.“Das bestätigt auch der Bremer Bund für Umwelt- und Naturschutz. Michael Abendroth: „Die ständige Fütterei ist vollkommen unsinnig. Die Tiere finden selbst genug.“Ob er die Pille befürworten würde? Darauf will sich Abendroth nicht festlegen. „Ich kenne das Projekt zu wenig.“Tierschützer aus Berlin jedenfalls sind einverstanden.

Bevor die Pille allerdings auch in Bremen eingesetzt werden kann, muß sie vom Bundesgesundheitsamt zugelassen werden. Das kann bis Ende des Jahres dauern. Vor den Kosten müßten Kommunen und Städte nicht zurückzucken. Vergleich Kreuzberg: Noch kostet eine Pille eine Mark. Insgesamt hat der Versuch in Kreuzberg 30.000 Mark gekostet. Allerdings haben die Berliner in ihrem laufenden Etat 110.000 Mark für die Beseitigung von Tauben-Kot samt Schäden. „Und wenn die Pille richtig tig in Serie produziert wird, gehen die Kosten runter“, so Rademacher.

Aus dem Bremer Gesundheitsressort kam daher auch große Resonanz auf die Tauben-Pille. Sprecher Holger Bruns-Kösters: „Unsere Amtstierärzte haben große Bereitschaft gezeigt, die Pille auch in Bremen zu testen. Wir werden einen Versuch umgehend empfehlen.“Wie das Projekt dann organisiert werden soll, steht nicht fest. Allerdings wird zur Zeit im Bauressort das Projekt „Saubere Stadt“entwickelt – mit etwa neun Millionen Mark bis zum Jahr 2000, so Bauressortsprecher Hartmut Spiesecke. Vielleicht gibt's dann auch in Bremen wie schon in Berlin künftig einen Taubenbeauftragten. Oder eine Senatskommission für das Taubenwesen. Jens Tittmann

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