: Haase schlug trickreiche Haken
■ Auch aus der Verwaltung des Abgeordnetenhauses kommt scharfe Kritik an „Beförderungstricks“ des Präsidenten. Haase und sein Stab hätten Beförderungspflicht herbeimanipuliert. CDU: Kein Rücktritt
Der Haushaltsausschuß des Abgeordnetenhauses wird der jüngsten Affäre von Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) nachspüren. Auf Antrag der Bündnisgrünen beschlossen die unnachgiebigen Haushälter mit den Stimmen der CDU, die eigentümlichen Karrieresprünge von Haases Sprecher und einem Dutzend weiterer Mitarbeiter zu prüfen. Der Ausschuß werde sich nicht mit den unvollständigen Informationen zufriedengeben, die Haase seinem Präsidium gab, kündigte der haushaltspolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Arnold Krause, an.
Dem Vernehmen nach hat Haase im Präsidium auch während der Befragung am Dienstag nicht alle Karten auf den Tisch gelegt. Der Präsident gab keine genaue Auskunft darüber, wie viele Mitarbeiter er in der Abteilung „Allgemeine Verwaltung“ und in seinem Stab befördert hat. Nach taz-Informationen handelt es sich um 15 Beschäftigungspositionen.
Unterdessen wurde auch innerhalb der Abgeordnetenhausverwaltung scharfe Kritik an der Art der Beförderungen geübt. „Das sind die Günstlinge, die sich da bedient haben“, sagte ein Parlamentsmitarbeiter der taz. Das bezieht sich auf die Tatsache, daß Herwig Haase lediglich für die „Allgemeine Verwaltung“ und seinen Stab die Karriereleiter bereitgestellt hat. Beide Abteilungen gelten hausintern als CDU-Hochburgen, die Christdemokrat Herwig Haase bereitwillig protegiert.
Die Beförderungsaffäre war nach Informationen der taz aufgeflogen, weil die 1997 vom Präsidium abgelehnten Beförderungen im 1998er Ansatz nicht mehr aufgetaucht waren. Haase hatte seinen Sprecher und ein Dutzend weiterer Mitarbeiter aus der „CDU-Abteilung“ mittlerweile eigenmächtig befördert. Bei den Anmeldungen für 1998 war lediglich ein Mitarbeiter aus der Abteilung „Plenar- und Ausschußdienst“ aufgetaucht. Als die Präsidialen nachhakten, kam heraus: Haase hatte inzwischen den Beförderungstrick angewandt, außerplanmäßige Personalmittel zu verwenden.
Als Frechheit wird im Abgeordnetenhaus gewertet, daß Haases Stab durch erweiterte Stellenbeschreibungen eine Art Beförderungspflicht herbeimanipuliert habe. Tatsächlich rechtfertigte Parlamentsvorsteher Haase den Mitarbeiterpusch, daß er gemäß Tarifvertrag neu bewertete Stellen habe höherstufen müssen. Bei sogenannten Neubewertungen handelt es sich um eine formale Prozedur. Gegen diese habe Haase verstoßen, mutmaßte der bündnisgrüne Haushaltsexperte Krause. In der Verwaltung werden Haases Hakenschläge zum Vorteil seiner unmittelbaren Mitarbeiterschaft als „Trickserei“ bezeichnet. Unterdessen nannte es Haases Sprecher Jörg-Dietrich Nackmayr „eine Sauerei, wie das in der Öffentlichkeit gefahren wird“. Nackmayr bemängelte, daß „der Datenschutz hier nichts gilt“.
Während die Bündnisgrünen gestern ihren formellen Abstimmungsantrag vorlegten, sah die CDU-Fraktion keinen Anlaß für einen Rücktritt Haases. Die SPD scheint aber nicht den Igel spielen zu wollen. Die Sozialdemokraten hatten der CDU einen Rücktritt nahegelegt. Einem entsprechenden Antrag würden sie aber nicht zustimmen, hieß es. Sie würden ihn aber auch nicht ablehnen. Christian Füller
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen