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Vaterschaft ist Muttersache

Die Beschwerde einer unverheirateten Mutter vor dem Bundesverfassungsgericht hatte Erfolg. Sie wollte ihrer Tochter nicht verraten, wer der Vater ist. Frühere Urteile aufgehoben  ■ Aus Karlsruhe Christian Rath

Kann ein nichteheliches Kind von seiner Mutter Auskunft über den Vater verlangen? Auch nach der gestern veröffentlichten Entscheidung des Ersten Senats am Bundesverfassungsgericht bleibt die Antwort reichlich schwammig: Man weiß es auch in Zukunft schlichtweg nicht. Denn die acht Richter und Richterinnen entschieden lediglich, daß die Zivilgerichte in dieser Frage einen weiten Spielraum besitzen – den sie allerdings auch nutzen müssen.

Erfolg hatte dabei die Verfassungsbeschwerde einer Frau aus dem Münsterland. Sie war von ihrer inzwischen 28jährigen Tochter verklagt worden, weil jene den Namen ihres Vaters erfahren wollte. Die Tochter kam nach der Geburt in ein Kinderheim und wuchs später in einer Pflegefamilie auf.

Als die junge Frau volljährig war, wollte sie Kontakt zu ihrem leiblichen Vater aufnehmen – auch um erbrechtliche Ansprüche anzumelden.

Die Mutter aber weigerte sich, ihr die notwendigen Informationen zu geben. Ihre Begründung: Sie habe in der fraglichen Zeit mit mehreren Männern geschlafen, die alle als Väter in Betracht kämen. Alle seien inzwischen aber verheiratet und lebten in „intakten Familien“. Deshalb, so die Mutter zu ihrer Tochter, wolle sie deren Namen nicht verraten. Sowohl das Amtsgericht Münster als auch das dortige Landgericht verurteilten allerdings die Frau zur Preisgabe ihres Wissens.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Urteile nun aufgehoben, weil sie sich zu eng an den Interessen der Tochter orientiert hatten. Das Landgericht, so die Karlsruher Richter, habe seinen „weiten Spielraum“ verkannt. Es hätte nicht von vornherein den Interessen der Tochter Vorrang vor denen der Mutter einräumen dürfen. Insbesondere hätte es nicht die Tatsache als „ausschlaggebend“ werten dürfen, daß das Kind (im Gegensatz zur Mutter) nicht für seine Unehelichkeit verantwortlich sei. Vielmehr seien die Interessen des Kindes an seiner Abstammung mit dem „allgemeinen Persönlichkeitsrecht“ der Mutter, das auch deren Intimsphäre schütze, ergebnisoffen abzuwägen, so die höchsten Richter. Für das Landgericht Münster ist dieser Beschluß im höchsten Maße ärgerlich: Es hatte sich immerhin an einer Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1989 orientiert. Damals hatte Karlsruhe noch die Kindesinteressen als „grundsätzlich vorrangig“ gesehen.

Wird die Mutter (mit neuer Begründung) wieder verurteilt, kann sie nun aller Voraussicht nach mit Zwangsgeldern zur Nennung der möglichen Väter gezwungen werden.(Az.: 1 BvR 409/90)

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