Filmriß und Entzugserscheinung

■ Das Bergedorfer Hansa-Kino verklagt den Verleih Columbia TriStar. Denn der will bestimmen, wie lange seine Filme laufen

Der Filmriese aus München schmollt. Hat doch das Bergedorfer Hansa-Kino den Komödien-Flop Vier lieben Dich aus dem Programm genommen. Drei Wochen lang sollte der Film im Hansa laufen. Weil aber schon nach wenigen Tagen kaum ZuschauerInnen kamen, setzte das Kino den Streifen ab. Die Columbia TriStar stutzte, grollte und strafte mit Filmentzug. Seit Oktober 1996 liefert sie keine Kopien mehr nach Bergedorf.

Dagegen klagt die Besitzerin des Hansa-Kinos, die Tontorra-GmbH, jetzt vor dem Hamburger Landgericht. Es ist das erste Mal seit den 50er Jahren, daß sich ein mittelkleines Kino (900 Plätze) gegen einen Großverleih wehrt. „Die Verleihfirmen diktieren einseitig die Geschäftsbedingungen“, klagt der Tontorra-Anwalt Sieghard von Saldern. Sie vermieten ihre Filme nur, wenn die Kinos versprechen, sie mindestens drei, oft auch sechs Wochen lang zu zeigen. Floppt der Film, zahlt damit das Kino drauf, nicht der Verleih.

An dieser Praxis sei weder etwas auszusetzen noch zu ändern, erklärte Columbia-Anwalt Peter Voss-Andrae gestern vor der 16. Kammer des Landgerichts: „Es gibt Dinge, die seit Jahren praktiziert werden und die auch dem Hansa bekannt sein dürften.“Daß kleine Kinos durch die Laufzeiten Verlust machen, sei „unternehmerisches Risiko.“

Eben dieses Risiko könnte kleine Lichtspielhäuser ruinieren, fürchtet die Tontorra. Multiplexe wie das Cinemaxx schieben schlecht besuchte Filme in kleinere Säle ab und haben dadurch weniger Verlust. Wer aber nur eine Leinwand hat, muß Vier lieben Dich zeigen – bis zum bitteren Kino-Ende.

Die Verleihe arbeiten nach der „Vogel-friß-oder-stirb“-Methode, resümierte Richterin Wiedemann gestern. Trotzdem wehren sich wenige KinobetreiberInnen vor Gericht gegen die Verträge – aus Angst vor Filmentzug, vermutet Hansa-Leiter Dieter Lang. Sein Anwalt von Saldern spricht deshalb von einem „Prozeß mit Mustercharakter.“Gewinnt die Hansa, sträuben sich vermutlich auch andere Kinos gegen ihre Verträge.

Die einzigen Urteile zu ähnlichen Fällen stammen bisher aus den 30er und 50er Jahren. Damals hieß es, ein abgesetzter Film gerate beim Publikum in Verruf. Eine überholte Ansicht, findet von Saldern. „Heute kann man doch in jeder Zeitung lesen, welcher Film floppt.“

Ob das Landgericht seine Meinung teilt, wird sich am 11. Juli zeigen. Dann geht die Verhandlung weiter.

Judith Weber