: Klimaschutz predigen – Energievergeudung fördern
■ Die EU-Regierungen reden zwar über erneuerbare Energien, subventionieren dann aber die Erderwärmung
Brüssel (taz) – Sechs bis sieben Stunden lang werden die Wirtschaftsminister der 15 EU-Staaten heute in Brüssel darüber streiten, wie sie die Energie für Großverbraucher billiger machen können. Dazwischen werden sie kurz der Folgen für das Klima gedenken und unter Punkt 5 der Tagesordnung über die Förderung erneuerbarer Energien diskutieren. 60 Millionen Mark will die EU dafür in den nächsten zwei Jahren zur Verfügung stellen, etwa soviel, wie ein Castor-Transport kostet.
Eine Studie der Amsterdamer Universität bringt den Unsinn der europäischen Energiepolitik auf den Punkt: Rund 25 Milliarden Mark geben die Regierungen der 15 EU-Länder, Norwegens und der Schweiz jedes Jahr an direkten Subventionen für Energien aus, die das Klima schädigen und nukleare Risiken fördern. Für die Subventionierung erneuerbarer Energiequellen haben dieselben Länder knapp 2,5 Milliarden Mark übrig. Das sind nicht einmal 10 Prozent der staatlichen Energieförderung, während 28 Prozent in die Atomenergie und 63 Prozent in die Unterstützung von Öl, Gas und Kohle fließen.
Die Studie, die letzte Woche von Greenpeace vorgestellt wurde, erfaßt nur Teilaspekte. Versteckte Subventionen wie Sonderrechte für die Ölförderung in Großbritannien oder verminderte Abgaben für die Atomindustrie sind gar nicht berücksichtigt. „Die Situation in Europa ist symptomatisch für die Scheinheiligkeit der Regierungen in den Industrieländern“, meinte Greenpeace-Sprecherin Kirsty Hamilton. Die Regierungen predigten Klimapolitik und förderten gleichzeitig die Produktion von Treibhausgasen. Besonders sei das kurzsichtige Denken in Deutschland und Großbritannien ausgeprägt, wo nur 2 Prozent der Fördergelder den erneuerbaren Energien zugute kommen. Holland und die Schweiz geben immerhin 50 Prozent für Wind-, Wasser- und Sonnenenergie aus, Österreich, Schweden und Finnland sogar mehr als 60 Prozent.
Greenpeace rechnete vor, daß bereits eine Milliarde Mark ausreichen würde, um in Europa einen sich selbst tragenden Markt für Solarenergie aufzubauen. Würden die Energiesubventionen nur ein Jahr lang in die Sonnenkraft umgeleitet, könnte die sogar den Wettbewerb mit den traditionellen Energiequellen aufnehmen. Doch so weit wollen die 15 Wirtschaftsminister heute nicht vorausdenken. 60 Millionen Mark müssen reichen. Deshalb sollen auch nur alternative Energieprojekte gefördert werden, wie ein deutscher Beamter in Brüssel erklärte, die „bereits kurz vor der Marktreife stehen“. Photovoltaik falle nicht darunter. „Wir wollen keine neuen Dauersubventionen schaffen.“
Wichtiger als die Förderung erneuerbarer Energien ist dem Bonner Wirtschaftsminister, daß der europäische Gasmarkt liberalisiert und damit für Großverbraucher günstiger wird. Die Haushalte haben davon nichts, wie auch das deutsche Wirtschaftsministerium bestätigt. Alois Berger
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