: Union kritisiert den Koalitionspartner FDP
■ Trotz gegenteiliger FDP-Beschlüsse schließt CDU Steuererhöhungen nicht aus
Bonn (taz) – Verbindlich im Ton, aber in der Sache mit kaum verhüllter Drohung regierte gestern CDU-Generalsekretär Peter Hintze auf die Beschlüsse des FDP-Parteitags. „In der Finanzpolitik erleben wir bei der FDP eine gewisse Neigung zur Selbstfesselung, und wir werden uns bemühen, in behutsamen Gesprächen in der Koalition den einen oder anderen Strick wieder zu lösen“, erklärte er im Anschluß an die CDU-Vorstandssitzung.
Die FDP-Delegierten hatten sich am Wochenende eindeutig gegen Steuersenkungen zur Deckung von Haushaltslöchern und für die geplante Absenkung des Solidaritätszuschlags um zwei Prozent 1998 ausgesprochen. „Die FDP besteht aus erwachsenen Männern und Frauen, und die müssen wissen, was sie wollen“, sagte dazu Bundeskanzler Helmut Kohl. Und weiter: „Wir haben eine Koalition, und das heißt, daß man aufeinander Rücksicht nimmt.“ Die Probleme gesunkener Steuereinnahmen könnten nicht durch „Beschwörungsformeln“ gelöst werden.
Peter Hintze sagte „schwierige Gespräche“ über den Haushalt voraus. Nach 15 Jahren gemeinsamer Koalition habe man jedoch bereits Erfahrung mit der Bewältigung von Schwierigkeiten. Er kündigte an, daß am 2. Juli der Haushaltsentwurf für 1998 vom Kabinett verabschiedet werden soll. Eine Entscheidung über einen etwaigen Nachtragshaushalt müsse bis Ende Juni fallen. „Parteitagsbeschlüsse nehmen wir ernst“, sagte Hintze, aber über die Zukunft Deutschlands könnten einzelne Parteien nicht allein entscheiden.
„Das Einsparpotential“ im Bundeshaushalt sei „äußerst begrenzt“, so der Generalsekretär. Im Zusammenhang mit der von der FDP vorgeschlagenen Privatisierung von Unternehmen dürfe die dadurch zur Verfügung stehende Finanzmasse „nicht überschätzt“ werden. Grundsätzlich gelte der Beschluß, den Solidaritätszuschlag abzusenken.
Kritik an den Parteitagsbeschlüssen der FDP kam gestern auch von anderen Politikern der Union. Der CDU-Wirtschaftsexperte Friedhelm Ost meinte, Steuererhöhungen könne niemand seriös ausschließen. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl sagte in einem Rundfunkinterview, die FDP könne die Gesetze der Mathematik nicht durch Parteitagsbeschlüsse außer Kraft setzen. Bettina Gaus
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