: Hoffnung auf Frieden in Tadschikistan
■ Die Bürgerkriegsparteien unterzeichnen ein Protokoll für einen Friedensvertrag. Der soll noch in diesem Monat folgen
Berlin (taz) – Für das seit dem Zerfall der Sowjetunion vom Bürgerkrieg geplagte Tadschikistan besteht Aussicht auf Frieden. In der vergangenen Woche unterzeichneten der Außenminister der mittelasiatischen Republik, Talbak Nazarow, und der Vizechef der „Vereinigten Opposition Tadschikistans“ (OTO), Qazi Akbar Turadschonsodeh, in Teheran das Protokoll für einen Friedensvertrag. Bereits Mitte Juni sollen Staatschef Emomali Rahmonow, Mitglied der Kommunistischen Partei Tadschikistans, und OTO- Chef Seyyed Adbullo Nuri, Vorsitzender der „Partei der islamischen Wiedergeburt“ (PIW), in Moskau den endgültigen Vertrag signieren. Damit könnte ein international kaum beachteter Krieg beendet werden, der in fünf Jahren über 50.000 Menschen das Leben gekostet und mehr als 100.000 zu Flüchtlingen gemacht hat.
Das jetzt geschlossene Abkommen ergänzt zwei Dokumente, die im Dezember 1996 in Moskau und im Februar 1997 in Teheran unter Vermittlung Rußlands, Irans sowie des deutschen UN-Beauftragten Gerd Dietrich Merrem ausgehandelt worden waren. Zentraler Punkt ist die Bildung einer Nationalen Versöhnungskommission, die zu gleichen Teilen von Regierung und OTO besetzt wird. Sie soll dafür sorgen, daß die Abkommen eingehalten werden: Neuwahlen, Vergabe von 30 Prozent aller Verwaltungsposten bis hoch zur Regierung an die Opposition, schrittweise Eingliederung ihrer Kampfverbände in die reguläre Armee und Polizei, Rückkehr der noch etwa 70.000 Flüchtlinge, Amnestie für alle an dem Konflikt beteiligten Personen. Bisher hatte die OTO für sich und andere Oppositionsgruppen 60 Prozent aller Ämter verlangt. Die Regierung lehnte im Gegenzug Neuwahlen grundsätzlich ab. Durch Präsidentschaftswahlen 1995 und Parlamentswahlen 1996 fühlte sich Rahmonow hinreichend als Staatschef legitimiert – obwohl die vier OTO-Parteien faktisch von den Abstimmungen ausgeschlossen waren.
Der Bürgerkrieg war ausgebrochen, als zu Perestroika-Zeiten entstandene, neue politische Kräfte an die Macht strebten, aber von der KP aus einer kurzzeitig bestehenden Koalitionsregierung geworfen und verfolgt wurden. In der OTO fanden sich islamische Gruppen wie Regionalisten und die prowestlich orientierte „Demokratische Partei“ zusammen.
Probleme gibt auch nach der Unterzeichnung des Protokolls für einen Friedensvertrag. Der Krieg hat dafür gesorgt, daß beide Lager zersplittert sind. Und kaum deutet sich ein Ausweg aus dem heimischen Konflikt an, droht die Verstrickung in einen anderen. Vor dem weiteren Vormarsch der radikalislamistischen Taliban im südlichen Nachbarland Afghanistan hat sich dessen verjagter Präsident Burhanuddin Rabbani mit mehreren Ministern in den Süden Tadschikistans abgesetzt. Dort soll Rahmonow dessen Oberkommandierenden Ahmad Schah Massud Rückzugsbasen und einen Luftstützpunkt für Nachschub aus dem Iran und Rußland bereitgestellt haben. Sollten Massuds Mudschaheddin tatsächlich von Tadschikistan aus Angriffe gegen die Taliban verüben, könnte das eintreten, was die GUS-Staaten vermeiden wollten: daß die Taliban nicht am Grenzfluß Amu-Darja haltmachen. Thomas Ruttig
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