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Linker Führungswille ohne klaren Kurs

■ Auf einem Kongreß huldigen die europäischen Sozialdemokraten den Wahlsiegern aus Frankreich und Großbritannien – sind sich aber sonst völlig uneins

Malmö (dpa/AFP/taz) – Die Europäische Sozialdemokratie ist sich einig: Wenn schon Sozialdemokraten in 13 von 15 EU-Ländern die Regierung stellen, dann müssen sie jetzt aber auch „kraftvoll handeln“. Bloß wie, darüber zeigten sich beim dritten Kongreß der Sozialdemokratischen Partei Europas im schwedischen Malmö denkbar große Unterschiede. Die personifizierten sich in den beiden Stargästen: dem frischgewählten französischen Premierminister Lionel Jospin und seinem britischen Amtskollegen Tony Blair.

Wo Jospin dazu aufrief, die Kräfte des Marktes unter Kontrolle zu bekommen und zur Schaffung von Arbeitsplätzen den öffentlichen Dienst mit massiven Investitionen zu stärken, da warnte Blair umgehend vor allzu traditionellen sozialdemokratischen Rezepten. Der britische New-Labour-Chef verlangte vielmehr, „alle Hindernisse bei der Schaffung von Arbeitsplätzen abzubauen und mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen“.

Wo Jospin die Bewahrung sozialer Rechte als Ziel formulierte, rief Blair die Delegierten auf: „Laßt uns nicht konservativ sein, indem wir den Status quo gegen den Rest der Welt verteidigen.“

Die Rezepte der alten Linken, die immer alle Probleme durch Mehrausgeben und mehr Kontrolle habe lösen wollen, lehnte Blair ab. Die Wirtschaft müsse umstrukturiert werden, Europa müsse einen dritten Weg einschlagen, der die „Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft mit einer menschlichen Gesellschaft verbindet“. Solange das nicht geschehen sei, habe auch die Währungsunion eigentlich keinen Sinn: „Eine vereinte Wirtschaft in Europa ohne tiefgreifende Reformen wird nicht besser sein als getrennte Wirtschaftsordnungen ohne Reformen“, sagte Blair, während Jospin die Sozialdemokraten vielmehr als Speerspitze der europäischen Einigung begreifen wollte.

Jospin wiederholte die Wahlkampfforderungen der französischen Sozialisten nach einem europäischen „Wachstumspakt“ und stellte für die Einführung des Euro erneut die Bedingung, daß auch Spanien und Italien bei der ersten Runde mit dabeisein und eine europäische „Wirtschaftsregierung“ als Gegengewicht zur künftigen Europäischen Zentralbank geschaffen werden müsse.

So unterschiedlich die Vorstellungen beider Protagonisten auf zentralen europäischen Politikfeldern waren, so wenig Euphorie mochte denn auch bei den Delegierten aufkommen. In seiner mitreißenden Art bekräftige der SPD- Fraktionsvorsitzende Rudolf Scharping den Willen der Sozialdemokratie, Europa ins neue Jahrtausend zu führen: „Im großen und ganzen gehen wir ja in dieselbe Richtung“, sagte er – und wurde prompt als Vorsitzender der SPE im Amt bestätigt. pkt

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