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Zu CDU-Burgfrieden sagt Scherf „Oha“

■ Unions-Spitze bestätigt Neumann „einmütig“und Nölle „einstimmig“/ Dafür gemeinsamer Angriff auf Scherfs Staatsrat: Hoffmann „untragbar“, findet Neumann / Scherf am Telefon perplex

„Einmütig“habe der Landesvorstand dem Vorsitzenden Bernd Neumann sein Vertrauen ausgesprochen, „einstimmig“ihm als Finanzsenator und Bügermeister - so differenziert beschrieb Ulrich Nölle das Ergebnis der CDU-Klausur vom Wochenende. „Einmütig“bedeutet, wie Nölle auf Nachfrage einräumte: „Ich habe mich an der Abstimmung nicht beteiligt.“Das war am Samstag nachmittag gewesen. Nölles Versuch, über einen Sonderparteitag den Vorsitzenden Neumann zu stürzen, war gescheitert. Für ihn, so berichtete er, habe sich die Frage „War' s das?“gestellt. „Und für uns auch“, entfuhr es Innensenator Ralf Borttscheller, der wie Bausenator Bernt Schulte zur Pressekonferenz des Landesvorsitzenden gekommen war.

Auch das lange Vier-Augen-Gespräch zwischen Nölle und Neumann am Samstag abend klärte noch nichts. Beide erörterten die Satzungslage: zwei Drittel der Stimmen sind auf einem CDU-Sonderparteitag zum Sturz des Vorsitzenden erforderlich.

Nölle ließ sich, wie er das formulierte, durch die „einstimmige“Zustimmung des Landesvorstandes zu seiner Rolle als „erster Mann der CDU im Senat“umstimmen. In der Debatte war das nicht ganz einmütig gewesen. „Ich könnte Ihnen etwa fünf nennen“, frotzelte Borttscheller. Telefonate mit dem Bundesvorsitzenden halfen nach, Nölle suchte einen konstruktiven Ausweg. Inzwischen glaube er nicht mehr, daß Neumann hinter den gezielten Presse-Indiskretionen gegen seine Person stecke. Da die „Heckenschützen“aber nicht erkannt seien, könne man „nicht ausschließen, daß sich sowas wiederholt“.

„Das passiert mal, es gibt Ärger“, kommentierte Neumann den beigelegten Streit. Wenn die CDU – gleichstarker Partner der SPD nach den letzten Wahlen – „dies auch bleiben“wolle, müsse sie schärfer ihr Profil herausarbeiten. Erstes Thema der kommende Woche: Für die Person des Staatsrates in der Senatskanzlei, Reinhard Hoffmann, seien „Konsequenzen unverzichtbar“. Durch die Vorwürfe des Rechnungshofes sei „die Grenze der Zumutbarkeit“überschritten, „wir meinen das schon ernst“, sagte Neumann.

Nölle sieht das „genauso“, sagte er auf Nachfrage, und als er diese CDU-Position dem SPD-Bürgermeister Henning Scherf am Telefon vorgetragen habe, habe der nur „oha“gesagt. Man müsse nun die „Gespräche abwarten“, meinte Nölle, aber viel Zeit ist nicht: Am Mittwoch ist der SPD-Staatsrat Thema der „Aktuellen Stunde“in der Bürgerschaft. Was die CDU tun wird, wenn Scherf an seinem Staatsrat festhält, blieb offen.

Offiziell teilte Bausenator Bernt Schulte gestern auch mit, daß er seinen Staatsrat Johannes Baltes in den einstweiligen Ruhestand versetzen wolle, Nachfolger soll der CDU-Fraktionsvorstand Helmut Pflugradt werden. Dadurch verspricht sich Schulte eine bessere „politische Koordination“mit den anderen Senatsressorts und mit der CDU-Fraktion.

Innensenator Borttscheller sieht sich selbst für die „politische Koordination“zuständig, General Göhler, der Staatsrat bei ihm werden soll, ist ausdrücklich mehr Verwaltungsmann. Die zentrale Reformkommission der Polizei leitet allerdings weiterhin der ausscheidende Staatsrat von Bock – und zwar unabhängig von einem möglichen Strafverfahren. Borttscheller rechnet nicht mit einem „rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens in den nächsten zwei Jahren“. K.W.

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