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Bellende Hunde beißen nicht

Frankreichs Zustimmung zu Euro und Stabilitätspakt wird kommen. Sozialistische Regierung beharrt auf Beschäftigungspakt  ■ Aus Paris Dorothea Hahn

Da hat einer etwas von „Nachdenken“ gesagt, und prompt schreien die Freunde des Euro: „Krise“. Am lautesten die in Bonn, die damit gleich auch ihren eigenen Koalitionskrach übertönen wollen. Dabei hat der neue französische Finanzminister Dominique Strauss-Kahn wirklich bloß „nachdenken“ gesagt, als er am Montag seine 14 Ministerkollegen in Luxemburg um Aufschub bei den Beratungen des Stabilitätspaktes für die Zeit nach der Europäischen Währungsunion bat. Vom Ausstieg aus dem Euro war bei Strauss- Kahn bislang keine Rede. Sein Kollege Pierre Moscovici, neuer französischer Minister für Europafragen, ergänzte gar, daß die Beratungsphase seiner Regierung über ihre Europapolitik noch nicht abgeschlossen sei.

Mit der feierlichen Unterzeichnung des Stabilitätspakts beim EU-Gipfel Anfang nächster Woche in Amsterdam wird es also nichts. Die neue rot-rosa-grüne Pariser Regierung will sich mit ihren Klärungen bis zu der für Mitte nächster Woche angekündigten Regierungserklärung von Premierminister Lionel Jospin Zeit lassen. Auf jeden Fall wolle sie mehr als „nur zwei Abschnitte in einer Resolution“, ließ eines ihrer sozialistischen Mitglieder bereits gestern wissen. Paris wolle eine beschäftigungspolitische Initiative als Ergänzung für den Stabilitätspakt. Das ist, gemessen an den bisherigen Erklärungen und dem Wahlkampf der Sozialisten, nichts Neues. Bereits im November vergangenen Jahres – also Wochen vor der Dubliner Erklärung zum Stabilitätspakt und Monate vor der Auflösung und Neuwahl des französischen Parlaments – ließ der frühere sozialistische Wirtschaftsminister Michel Sapin wissen, daß seine Partei einen „Stabilitätspakt, der auf Haushaltsdefizite beschränkt ist, ablehnt“. Statt dessen schlug er zusätzlich einen Wachstumspakt vor.

Im Wahlkampf konkretisierte sich diese Kritik. „Der Stabilitätspakt enthält Kriterien, die nicht im Maastricht-Vertrag stehen“, monierte Lionel Jospin im Mai. Es sei eine „absurde Konzession“, die Frankreichs Regierung an Bonn gemacht habe. „Ich habe nicht den geringsten Anlaß, mich dadurch verpflichtet zu fühlen“, erklärte der Wahlkämpfer, dessen Eintreten für einen „sozialen Euro“ auch deutlich in dem sechsmillionenfach verteilten sozialistischen Regierungsprogramm stand. Später ergänzte Jospin, daß die Obergrenze von drei Prozent Staatsdefizit als Konvergenzkriterium für den Euro nicht absolut sein dürfe, wenn das Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit eine neue Sparpolitik aufzwinge.

In der gemeinsamen Erklärung zwischen sozialistischer PS und kommunistischer KPF vom 29. April, die den Weg zu der Regierungskoalition vorbereitete, heißt es, daß sich der Euro „nicht auf einen Austeritätspakt, sondern einen Wachstums- und Solidaritätspakt gründen“ solle. Und auch die Allianz mit den ebenfalls an der Regierung beteiligten Grünen beinhaltet Passagen über einen „sozialen Euro“. Zugleich haben sich weder die Sozialisten noch die Grünen grundsätzlich gegen den Euro ausgesprochen, sondern oft betont, daß sie ihn wollen, und zwar zum geplanten Termin 1999. Selbst die KPF, die noch vor wenigen Wochen für ein Referendum gegen den Euro mobilisierte, spricht jetzt, da sie drei Regierungsmitglieder stellt, nur noch bescheiden von einem „über den Euro hinausgehen“.

Offensiv gegen den Euro ist in der Pariser Regierung lediglich der einzige Minister der „Bürgerbewegung“. Aber Jean-Pierre Chevenement erlitt bei den Wahlen erhebliche Verluste und wurde Innenminister. Die Europapolitik hingegen ist fest in Händen von sozialistischen Ministern, von denen einige in den achtziger Jahren persönlich an der Ausformulierung des Maastrichter Vertrages beteiligt waren.

Die rot-rosa-grüne Koalition steht unter hohem Erwartungsdruck. Sie muß nicht nur ihre sozialen Euro-Absichten unter Beweis stellen, sondern auch ihre anderen Wahlkampfversprechen – darunter eine andere Privatisierungspolitik und eine Neuordnung der Sozialversicherung – einlösen. In den Zusammenhang von starken Signalen an die Wähler gehört auch der Auftritt von Dominique Strauss-Kahn in Luxemburg. Eine Absage an den Euro ist von dem Maastricht-Befürworter nicht zu erwarten – allenfalls ein beschäftigungspolitisches Zusatzprotokoll und der Zwang zu einem zweiten Treffen in Amsterdam.

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