■ Die UNO zeigt sich in diesen Tagen in desolatem Zustand: Wenig Gemeinsamkeiten
Vier Ereignisse in den letzten Tagen zeigten: Es ist schlecht um die Vereinten Nationen bestellt. In der Nacht zum Freitag beschloß der Auswärtige Ausschuß des US-Senats, ein Viertel seiner völkerrechtlich verbindlichen Altschulden an die UNO nicht anzuerkennen. Gleichzeitig wurde die Zahlung von 819 Millionen Dollar bis zum Jahre 2000 abhängig gemacht von Maßnahmen zur „Verschlankung“ des UNO-Systems sowie von der Reduzierung des US- Pflichtanteils am UNO-Haushalt um 20 Prozent. Mit dieser Entscheidung setzen die USA ihre finanzielle Erpressungsstrategie fort.
Der neue UNO-Generalsekretär Annan, der die von Washington erzwungene Teilzerstörung des UNO-Systems gegenüber den anderen 184 Mitgliedsstaaten als „Reform“ verkaufen soll, steht mit dem Rücken zur Wand. Seine Hoffnung – und die vieler Staaten des Südens – ist, daß die EU-Länder innerhalb der UNO endlich eine gemeinsame Politik entwickeln und mit Japan ein Gegengewicht zur Vormacht der USA bilden. Um die Europäer zu motivieren, berief Annan deshalb am Donnerstag die irische Präsidentin Robinson als neue UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte. Zur großen Überraschung und Enttäuschung vieler Mitgliedsstaaten, die getreu dem UNO-typischen Erbhofdenken fest mit der Berufung eines Kandidaten aus Lateinamerika oder einem anderem Land des Südens gerechnet hatten.
Aber die EU ist weit von einer gemeinsamen UNO-Politik entfernt. Statt sich, wie Italien, für einen oder zwei Regionalsitze Europas im Sicherheitsrat stark zu machen, bekräftigte das Parlament am Donnerstag den „Anspruch“ Deutschlands auf einen eigenen ständigen Sitz im Sicherheitsrat. Die Begründung: Deutschlands „gewachsene internationale Verantwortung“. Wo diese endet, macht die Entscheidung des Sicherheitsrates deutlich, den Spanier Westendorp zum Nachfolger des Schweden Bildt als Wiederaufbaukoordinator in Bosnien zu ernennen. Erste Wahl fast aller Beteiligten war ursprünglich Bildts deutscher Stellvertreter Steiner. Doch der scheiterte an Kanzler Kohls und Außenminister Kinkels Veto. Sie fürchten, ein Deutscher auf diesem internationalen Schleudersitz könne zum Risiko für ihren Bundestagswahlkampf werden. Vor allem dann, wenn nach Abzug der Nato-Truppen aus Bosnien im nächsten Sommer dort die bewaffneten Konflikte wieder eskalieren. Andreas Zumach
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