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Platt gebrachte Ente

■ Teuer essen mit Klamauk: „Pomp Duck and Circumstance“im Spiegelpalast

Der Mann hat einen Traum. Schon vor 20 Jahren, als jeder andere in seiner Situation gemeint hätte, alles sei erreicht – ein eigenes Restaurant in München, ein Michelin-Stern als Auszeichnung und ein Joseph Beuys als Gast – schon damals wußte Hans-Peter Wodarz, das kann nicht alles sein. Gut und teuer essen ja, doch Gaumenkitzel mag den Satten als Thrill nicht genügen. Und Wodarz hatte diese Vision vom Gesamtkunstwerk für die Sinne, der „Restaurantkultur der Jahrtausendwende“,: „Wenn zum Beispiel die Tomatensuppe serviert wird, haben alle Kellner Jacken an, das Restaurant erglüht im roten Licht, und ein Jongleur geht von Tisch zu Tisch und jongliert mit roten Tomaten.“Das ist Kultur. Da schmeckt die Suppe wieder. Welcome to the 21st century.

Seit Donnerstag gastiert Pomp Duck and Circumstance, „das verrückte Potpourri aus Eßkultur und Varieté“von Wodarz und dem frankokanadischen Cirque du Soleil, in Hamburg. Auf einem Parkplatz hinter der Autobahnausfahrt Othmarschen wurde der belgische Art Deco-Spiegelpalast „Salon Zazou“aufgebaut – ein durchaus einnehmender Widerspruch. Empfangen wird der Gast von einem Monitor, der Live-Bilder von den diensthabenden 18 Köchen überträgt. Vier Gänge in vier Stunden für 400 Gäste bereiten sie zu. Ein Michelin-Stern ist dafür nicht zu bekommen, aber darum geht es auch nicht: Pomp Duck versteht sich als „Zeitansage gegen das deutsche Jammertal“. Also galoppieren 30 lustige Kellner herein, die auch tanzen und singen können.

Was Pomp Duck sympathisch macht, ist ein feiner Hauch von Ironie und Respektlosigkeit, mit der die Künstler den Gästen begegnen. Die 185 Mark Eintrittsgeld (Show und Essen, ohne Getränke) schützen weder vor tätlichen noch verbalen Angriffen des Personals. Abfällige Bemerkungen über niedere Steuerklassen gehören zum Programm. Auch die Artisten sind wahrhaft virtuos, wie sie zwischen Fisch und Ente „Eine kleine Nachtmusik“auf Wasserflaschen klöppeln oder „Making Whoopee“schlangengleich mit dem Kopf zwischen den Knien singen. Doch zu einer Einheit möchte sich das Ganze nicht fügen, rauchige Gala-Atmosphäre kommt nicht auf. Im Gegenteil: Je später der Abend, desto klamaukiger die Show-Einlagen. Spätestens wenn zwei Gäste Romeo und Julia spielen sollen und eine grölende Tischgesellschaft mit Indianerfedern ausgestattet wird, drängt sich der Eindruck auf, hier in das exklusive Gegenstück zu McDonalds Kindergeburtstag geraten zu sein. Christiane Kühl

tägl. außer Di, 20 Uhr, bis 25. August, Behringstraße

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