: „Dachte nur an seine erste Frau“
■ Vater wegen zweifacher Kindesmißhandlung vor Gericht
Am 26. März letzten Jahres, so lautet die Anklage, habe der vierzigjährige Angeklagte A. seine damals siebenjährige Tochter M. vergewaltigt. In mehrfachen Versuchen, mit Penis und Finger, bis sie vor Schmerzen laut schrie; dann mit Faustschlägen in den Unterleib. Nachher habe er ihr ein Messer an den Hals gehalten: „Wenn du was sagst, steche ich dir in den Hals“. Als die 7jährige vier Tage später gegenüber der Großmutter über Unterleibsschmerzen klagt, bringt man sie ins Krankenhaus. Der Arzt äußert Verdacht auf sexuellen Mißbrauch. Drei Monate später stellt ihre Mutter Strafanzeige – auch wegen sexuellen Mißbrauchs ihrer älteren Tochter, die inzwischen 18 Jahre alt ist, in den Jahren 1989 bis 1993. Die Jugendkammer des Landgerichts hat vergangene Woche das Strafverfahren begonnen.
„Das getan zu haben“, sagt der Angeklagte, „was meine Stieftochter sagt, dafür müßte ich doch total verrückt gewesen sein. Ich bin eigentlich schon verurteilt. Weil ich hier sitze. Als Türke, der seine Tochter vergewaltigt hat“. Der Angeklagte ist äußerlich ruhig. Je mehr sich die Fragen dem behandelten Zeitraum nähern, desto mehr verwirren sich die Erinnerungen des Vierzigjährigen. Immer häufiger betont er, daß er die gesamte Zeit krank gewesen sei; nach dem Schlaganfall 1988, dann sei eine „Spielsucht“aufgetreten, auch wegen Depressionen war er in Behandlung. Anfangs, ja, vor allem vor der Heirat, seien sie „richtig glücklich“gewesen. Die ältere Tochter aus erster Ehe seiner Frau aber sei eifersüchtig gewesen...
Die Mutter beschreibt die Situation der Familie ganz anders. „Wir sahen uns kaum“, sagt sie. Wenn sie nachmittags von der Arbeit nach Hause kam, sei er oft schon unterwegs gewesen: in Spielhallen, wo er „alles verspielte, was er hatte“– bis spät in die Nacht. Jähzornig sei A. gewesen – „meistens ist er dann auf mich losgegangen“– und oft schlecht gelaunt: „Am Hochzeitstag saß er mit mürrischem Gesicht in der Ecke und dachte an seine einstige Frau in der Türkei“.
1989 haut die damals zehnjährige J. ab und zieht zu ihrer Großmutter – während ihre Eltern für eine halbe Stunde zur Post waren. Ihren Vorwürfen gegen den Stiefvater glaubt die Mutter nicht und erklärt sie sich durch kindliche Eifersucht. Vier Jahre später kommt es zu dem Vorfall ihrer jüngeren Tochter.
Trotz eindringlicher Worte des Richters streitet der Angeklagte alles ab. Deswegen mußten die beiden Töchter vernommen werden – unter Ausschluß der Öffentlichkeit. ing
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