: Was geschah in Somalia?
■ Italien: Kommission prüft jetzt Gewaltvorwürfe
Italienische Soldaten sollen wie Angehörige anderer Kontingente in Somalia gefoltert, vergewaltigt und die Bevölkerung drangsaliert haben. Und das alles im Zusammenhang mit der Aktion „Restore Hope“. Solange die Anschuldigungen nicht bewiesen sind, ist von der Unschuldsvermutung auszugehen, zumal die bisher vorgelegten Fotos noch wenig Beweiskraft besitzen. Mißtrauen ist angebracht, da sie erst nach vier Jahren auf dubiosen Wegen an die Öffentlichkeit gelangten.
Dennoch: Wer mit Soldaten spricht, die an solchen Einsätzen beteiligt waren, kommt nicht umhin, diese Gewalttaten für möglich zu halten. Der Einsatz auf fremdem, angsteinflößendem, weil kriegsgeschüttelten Gebiet, fördert die Bereitschaft der Soldaten zur Gewalttätigkeit. Dies ist keine neue wissenschaftliche Erkenntnis. Die Deutschen dürfen sich noch recht privilegiert fühlen, da die Bundeswehr zu derartigen Einsätzen noch nicht (oder nicht in vorderster Reihe) abkommandiert wurde. Verdächtigungen gegen „unsere Jungs“ gibt es trotzdem bereits. Man braucht wenig Phantasie, um sich auszumalen, daß auch Bundeswehrsoldaten sich so verhalten könnten, würden sie in Krisenregionen an der Front eingesetzt.
Wir sollten uns deshalb klarmachen: Es gibt sie nicht, die „friedlichen“ militärischen Friedensmissionen. Soldaten, auch wenn sie Bürger in Uniform genannt werden, sind Menschen, die vor allem zum Schießen, Verletzen und Töten ausgebildet worden sind. Dies gilt auch dann, wenn in Demokratien in der Regel von Selbstverteidigung geredet wird und der Einsatz das Label Feuerwehraktion erhält. Wer Macht hat – und Macht hat, wer bewaffnet ist –, kommt in die Versuchung, diese auch auszuüben. Dies besonders, wenn er kaum kontrolliert wird und die Gefahr der Strafverfolgung kaum besteht.
Folter als Mittel zur Aufklärung von Attentaten oder Vergewaltigungen – zur Feststellung, wer hier der Herr ist – werden am Ende immer als „Betriebsunfälle“ dargestellt, die in solchen Zeiten eben mal passieren. Ob das so sein muß, darüber kann streiten, wer will. Unstrittig ist: Wer Soldaten, aus welchen Gründen auch immer in Kriegsgebiete schickt, muß wissen, daß derlei geschehen kann. Er ist deshalb ohne Wenn und Aber für diese Verbrechen verantwortlich. Werner Raith
Bericht Seite 8
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