piwik no script img

Kernpunkte gegen Atomkraft

Kritische HEW-Aktionäre wollen AKWs durch Gaskraftwerke ersetzen. Konzept wird heute auf Hauptversammlung vorgestellt  ■ Von Achim Fischer

Die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) könnten ohne betriebswirtschaftliche Einbußen innerhalb von drei Jahren aus der Atomenergie aussteigen. Zu diesem Ergebnis kommt die Aktionärsgemeinschaft im Dienste des Ausstiegs (AIDA) in einem eigenen Unternehmenskonzept, das sie heute auf der HEW-Hauptversammlung vorstellt.

Kernpunkt des Konzeptes der kritischen HEW-Aktionäre: Neue Gaskraftwerke könnten mit alten, abgeschriebenen Atomkraftwerken konkurrieren. Nach der Kalkulation der beiden Physiker Paul Grosse-Wiesmann und Axel Bühler (GAL) können sie eine Kilowattstunde Strom für sechs bis acht Pfennige erzeugen. Die betriebswirtschaftlichen Produktionskosten der bestehenden AKWs schätzen die Physiker auf fünf bis zehn Pfennige. Offizielle Angaben der AKW-Betreiber über ihre Kosten gibt es nicht.

Bei dem Vergleich sind die Autoren bewußt von ungünstigen Rahmenbedingungen für die Gaskraftwerke ausgegangen. So wird etwa der veranschlagte Gaspreis von 2 Pfennigen pro Kubikmeter nach Ansicht der Autoren in den kommenden Jahren auf 1 bis 1,5 Pfennige sinken. Daß die Gaskraftwerke trotz der nötigen Baukosten locker mit den Alt-Meilern mithalten können, liegt an enormen Fortschritten in der konventionellen Kraftswerkstechnik. Ihr Wirkungsgrad konnte seit Anfang der 80er Jahre um 50 Prozent gesteigert werden, die Abgaswerte wurden stark reduziert. Gleichzeitig sanken die Baupreise der Anlagen.

Mit Investitionen von etwa einer Milliarde Mark könnten Produktionskapazitäten von rund 1000 Megawatt geschaffen werden. Die vier Atommeiler der HEW haben zusammen zwar eine Kapazität von rund 1600 Megawatt. Aber die muß nach dem Alternativkonzept nicht vollständig ersetzt werden. „Es sind zur Zeit erhebliche Überkapazitäten da“, nennt Grosse-Wiesmann einen Grund.

Zudem ließen sich Gaskraftwerke „ideal mit regenerativen Energien kombinieren“. Denn im Gegensatz zu Atommeilern können sie relativ schnell ein- und ausgeschaltet werden – je nachdem, ob viel oder wenig Wind weht, Sonne scheint oder Wasser zur Verfügung steht. Ein Netz vieler kleiner Anlagen würde die nötige Flexibilität zusätzlich erhöhen. Die Bauzeit für solche Kraftwerke liegt mittlerweile bei nur noch 20 Monaten. Grosse-Wiesmann: „Innerhalb von zwei bis drei Jahren ist der Atomausstieg betriebswirtschaftlich machbar. Volkswirtschaftlich ist er sowieso ein Gewinn.“

Als weitere Eckpunkte ihres Unternehmenskonzepts benennt AIDA neue Geschäftsfelder für die HEW: etwa Stromproduktion durch Windparks in der Nordsee, konsequenterer Einsatz der Fernwärme (Kraft-Wärme-gekoppelte Kraftwerke) sowie den Einstieg in eine neue Entsorgungsbranche – die Stillegung von AKWs.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen