Triefender Recke

■ "Volles Rohr - mit einem Abflußreiniger unterwegs" (21.45 Uhr, ARD)

„Gestern nachmittag fing dit an, daß man dieset Blubbern dauernd hörte“, berichtet die frühmorgendlich auftoupierte Frau Schmitz von den Anfängen der heimischen Verstopfung. Im Klo-Eck steht ein putziges Bürsten-Bärchen und schämt sich vielleicht für den „bestialischen Gestank“ in der Schüssel, „als wenn Leichenteile drinliegen würden“. Für Abflußreiniger Siegfried Soyka von der Firma Wolters sind Geruch und Gästehandtuch das täglich Brot.

Herr Soyka hat Notdienst, und es verschlägt ihn in der Reportage von Markus Schmidt und Sebastian Winkels quer durch die Stadt von Urinoir zu Urinoir, von Hinz zu Kunz, darunter überwiegend Damen über 40. Im Labyrinth von Abwasserrohren unterhalb Berlins, durch das tagtäglich etwa eine Million Kubikmeter Schmutzwasser schwappt, droht allerorten Verstopfung. Gleich zu Beginn sehen wir eine Kostprobe der Spezialkameraaufnahmen aus den Tiefen der Berliner Rohre, an deren Ende Maus statt Minotaurus ins Objektiv schnuppert. Es bleibt bei diesen kurzen, ungewöhnlichen Ansichten urbaner Darmspiegelung, der Rest ist herkömmliche Dokumentation.

Hoch auf Herrn Soykas Wagen ziehen wir wegen Urinal-Überlaufs ins „Bier-Treff Bad-Eck“ im Wedding, wo wieder einmal das effektivste Werkzeug des Rohrreinigers zum Einsatz kommt: der Rohrwolf, ein kleiner, brummender Kasten, dessen Schlauch sich hungrig in die Unterweltströme frißt, alldieweil ein „Bier-Treff“- Trinker unbeirrt an einem der vorderen Readymades abschlägt. In Charlottenburg sorgt beuysartiges Küchenabfallfett für leckeren Auflauf im Kellerrohr, und Siegfrieds Rohrwolf röhrt solange, bis ein Malheur passiert. Schließlich siegt der Recke, riechend und triefend zwar, doch unverwundbar.

Nach der Mittagspause: Die „resolute Hauswartsfrau“ G. hegt einen Verdacht. Und ja, tatsächlich, der Rohrreiniger bringt nach expertenhaftem Nachschauen das nunmehr naß-weiche Beweismaterial „Intimtextilie“ ans Licht. Der Blick der G. verliert sich in der freigelegten Abflußleitung, während sie die Verschlagenheit junger Damen und die Wohngemeinschaft („2. Stock, links“) als unhygienischen Fixpunkt beklagt. Diese gottlose Jugend!

Häufige Verstopfungsursache ist der Duftstein, der sich vom Schüsselrand losgemacht hat – in Reinickendorf ebenso wie bei Soykas letztem Besuch spät abends in Treptow.

Am Ende eines langen Tages der Entstopfung verabschiedet sich müde ein unentbehrlicher Herr Soyka, um im nächtlichen Verkehr davonzufließen. Monie Schmalz