Neuer Vorschlag für Frieden in Nordirland

■ Britische und irische Regierung wollen die Gespräche wieder in Gang bringen

Dublin (taz) – Die Regierungen Großbritanniens und Irlands glauben, eine Formel gefunden zu haben, die Frieden für Nordirland bringen könnte. Die beiden Regierungschefs Tony Blair und John Bruton klärten am Montag in einem 20minütigen Gespräch nach der Sitzung der UN-Generalversammlung in New York die letzten strittigen Punkte. Das Ergebnis, ein zwölfseitiges Papier, soll den nordirischen Parteien in den nächsten Tagen vorgelegt werden.

Die wichtigsten Punkte: Die IRA muß ihre Waffen nicht ausmustern, bevor ihr politischer Flügel Sinn Féin zu den Mehrparteiengesprächen zugelassen wird. Eine unabhängige Kommission, die von beiden Regierungen ernannt wird, soll die Waffenübergabe kontrollieren, während der Runde Tisch bereits tagt. Gleichzeitig will man „vertrauensbildende Maßnahmen“ ergreifen – vermutlich geht es dabei um die Gefangenenfrage, möglicherweise auch um eine Polizeireform.

Neu ist das alles nicht. Dieselben Vorschläge hatte der ehemalige US-Senator George Mitchell vor anderthalb Jahren gemacht, doch der damalige britische Premierminister John Major verwarf das Papier. Kurz darauf hob die IRA ihren Waffenstillstand auf.

Bruton, dessen Regierung morgen vom Parlament abgewählt wird, weil sie Anfang des Monats die Wahlen verloren hat, sagte gestern, das Papier spreche eine deutliche Sprache: „Es gibt keinen einzigen Grund mehr für die Fortsetzung der IRA-Gewaltkampagne.“ Die britische Nordirland-Ministerin Mo Mowlam sagte, sie sei froh, daß man sich auf einen Rahmen geeinigt habe, der allgemeine Unterstützung finden könnte.

Das muß sich erst noch zeigen. Unionistenchef David Trimble sagte, die grundlegende Forderung seiner Partei bleibe bestehen: „Erst die Ware, dann die Gespräche.“ Mit anderen Worten: Solange die IRA nicht die Waffen herausrückt, werde man mit Sinn Féin nicht reden. Pfarrer Ian Paisley von der radikaleren Ulster Unionist Party behauptete, alle anderen Parteien hätten das Papier längst zu Gesicht bekommen, nur er nicht. Jeder Versuch, die Waffenfrage in den Hintergrund zu drängen, werde scheitern.

Sinn Féin reagierte auf den Vorschlag vorsichtig. „Ich gebe zu, daß Blairs Regierung die Sache anders angeht“, sagte Parteipräsident Gerry Adams. „Er hat im Gegensatz zu John Major die Themen angesprochen, die wir als Grundlage für echte Verhandlungen sehen.“ Ob das schon reicht, um bei der IRA wegen eines neuen Waffenstillstandes nachzufragen, ließ Adams offen. Ralf Sotscheck