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Neues Italien, alte Politmauscheleien

Verfassungskommission legt Entwurf zur Staatsereform vor: Ein bißchen französisches Präsidialsystem, ein bißchen deutscher Föderalismus und ganz viel italienisches Durcheinander  ■ Aus Rom Werner Raith

Am Anfang, so ein Berater der Verfassungsreformkommission, hätten nur eine Handvoll ehrgeiziger Politiker das Vorhaben verstanden – und Gott. Nun versteht es nur noch Gott – vielleicht. Denn was die 70 von den Parlamentsparteien ernannten Kommissare nach vier Monaten Arbeit nun an Verfassungsreform zusammengebraut haben, ist ein Meisterwerk an Konfusion. Und die kann sich nur noch verstärken, wenn das Werk nun im Parlament zur Abstimmung kommt.

Gesichert ist, daß Italien künftig nach französischem Muster einen vom Volk direkt gewählten Staatspräsidenten mit starker Exekutivmacht haben wird, der den Regierungschef ernennt und entläßt. Doch weil die Parteifürsten sich nicht die Macht nehmen lassen wollen, darf zum Präsidentenamt nur kandidieren, wer die Unterschriften von wahrscheinlich 500 Parlaments-, Europa- oder Regionalabgeordneten oder Bürgermeistern vorweisen kann. Das ist eine Vorbeugung gegen die befürchtete Kandidatur des beliebten früheren Chefanklägers in Sachen Korruption, Antonio di Pietro.

Jenseits der Entscheidung für das Präsidialrepublik mehren sich die Probleme. Wie soll das Parlament gewählt werden, damit es ein Gegengewicht zu dem starken Präsidenten bildet? Die Rechte wünscht einen Wahlgang mit Mehrheitssystem – das paßt auf Oppositionsführer Berlusconi. Die Linksdemokraten sind für ein Zweiwahlgangsystem, bei dem sich im zweiten Durchgang feste Koalitionen bilden und die siegreiche Allianz eine „Prämie“ an zusätzlichen Abgeordneten bekommt, um mit satter Mehrheit regieren zu können. Die kleineren Parteien wünschen eine Verhältniswahlquote um die 30 Prozent, um ihre Kandidaten auch ohne Absprache mit den Großen ins Parlament zu bekommen. Der Wahlmodus wird wohl gar nicht in die Verfassung kommen, sondern wie bisher per Gesetz festgelegt, was wiederum die Ängstlicheren unter den Parteien dazu verleiten könnte, gegen die gesamte Verfassungsreform zu stimmen.

Ebenso konfus ist die Antwort auf die Frage, wie Italien seinen Zentralismus umbauen kann. Vorschläge des Berichterstatters D'Onofrio, den Senat in eine Art „Länderkammer“ umzugestalten, sind durchgefallen. Mittlerweile diskutiert die Kommission über eine dritte Kammer, die allen Gesetzen zustimmen muß, die die Regionen betreffen. Das wäre das Gegenteil des ursprünlichen Auftrags an die Kommission, Italiens politisches System zu vereinfachen, nicht weiter zu komplizieren.

Auch das Justizsystem wird, wenn überhaupt, höchst widersprüchlich reformiert. Berichterstatter Marco Boato (ehemaliger Grüner, jetzt Olivenbaumkoalition) hatte eine Entkriminalisierung illegaler Parteienfinanzierung durchsetzen wollen, was fast ausschließlich korrupten Politikern, Schmiergeldzahlern und Mafiosi zugute käme. Das Vorhaben wurde nun gekippt – mit Hilfe eines ungewöhnlichen Einklangs zwischen Linksdemokraten und den ehemaligen Neofaschisten. Dennoch bleiben viele Vorschläge Boatos bestehen, so etwa die künftig mögliche Beeinflussung der Rechtsprechung durch die Exekutive. „Und dann“, so der Kommissionsberater, „können wir wirklich nur noch hoffen, daß Gott seinen Durchblick behält.“

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