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Clinton beim Gipfel unter Druck

Wirtschaft der USA warnt die Demokratische Partei vor Zugeständnissen beim Klimaschutz. Eine Waldkonvention ist nicht in Sicht  ■ Aus New York Christa Wichterich

„Haben Sie denn einmal versucht, die USA zu klimapolitischen Zugeständnissen zu bewegen?“ fragten JournalistInnen Umweltministerin Angela Merkel. „Aber sicher, erst kürzlich tagelang in Denver“, anwortete sie gestern auf der Sonderkonferenz der UNO in New York.

Die Merkelschen Bemühungen haben wenig Aussicht auf Erfolg, denn Präsident Clinton ist nicht nur von einer Seite unter Druck. Die EU hält zwar an ihrer Position bislang fest, bis zum Jahr 2010 die Treibhausgas-Emissionen um 15 Prozent zu reduzieren. Und der Druck auf die USA, beim Rio+5- Gipfel auch ein Signal zum Klimaschutz zu setzen, ist gewachsen.

Andererseits lassen die Wirtschaftsvertreter aus Clintons Demokratischer Partei den Präsidenten und seinen Vize Al Gore wissen, daß sie den nächsten US-amerikanischen Wahlkampf nicht finanzieren werden, wenn bei der Kohlendioxidreduktion Zugeständnisse gemacht werden. In ganzseitigen Anzeigen machen die US-amerikanische Autoindustrie und die Öllobby Stimmung gegen Minderungsziele.

Scheinheilig gratulierte Timothy Wirth, Staatssekretär in der Regierung Clinton, dem englischen Premier Tony Blair für seine offene Kritik am Umweltsünder USA. Der Präsident werde aber jetzt keine konkreten Prozent- und Zeitziele zum Klimaschutz benennen. „Langfristige Lösungen“ seien wichtiger als kurzfristige. Drohend fügte Wirth an die Adresse der Europäer hinzu: „Wenn andere dies nicht verstehen, wird es keine Fortschritte geben.“

„Flexibilität“ ist das Zauberwort. Damit will Clinton Verhandlungsspielraum offen lassen. Clinton wolle, aber er könne nicht weitergehen, meint auch Angela Merkel. Was der US-Präsident im Detail den Delegierten aus 173 Staaten gestern vortrug, wurde erst nach Redaktionsschluß bekannt. Am Mittwoch verkündete er als umweltpolitische Entlastungstat eine Verschärfung der Vorschriften zur Luftreinhaltung in den USA. Die New York Times lobte dies zwar zu „einer der wichtigsten umweltpolitischen Entscheidungen der Dekade“ hoch. Aber es ist keine Maßnahme zum Klimaschutz, sondern reduziert lediglich Schadstoffe wie Ozon und Ruß.

Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) rechnet nicht damit, daß der UNO-Umweltgipfel in New York eine Konvention zum Schutz der Wälder verabschieden wird. „Eine solche Vereinbarung werden wir in New York nicht bekommen“, sagte Kohl gestern in seiner Hauszeitung, der Ludwigshafener Rheinpfalz. Die Sondergeneralversammlung werde jedoch einen Verhandlungsprozeß einleiten, der zu einer solchen Konvention führen werde. Mehr als die Hälfte der ursprünglichen Walddecke der Erde ist bereits verschwunden, der größte Teil davon in den letzten 30 Jahren.

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