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Der zeugt, darf auch erziehen

■ Koalition und SPD einig: Unverheiratete Paare können gemeinsames Sorgerecht für ihre Kinder bekommen. Nichtehelicher Nachwuchs beim Erben gleichberechtigt

Karlsruhe (taz) – Eltern haben künftig mehr Autonomie bei der Festlegung des Sorgerechts für ihre Kinder. Wichtig ist dies vor allem für nichteheliche Lebensgemeinschaften und nach einer Ehescheidung. Gestern einigten sich Regierungskoalition und SPD-Opposition im Rechtsausschuß des Bundestages auf die wesentlichen Punkte einer Reform des antiquierten Kindschaftsrechts. Das Bundesverfassungsgericht dringt schon seit Jahren auf eine entsprechende Neuregelung.

Bei nichtehelichen Kindern können künftig Mutter und Vater beantragen, daß sie das Sorgerecht gemeinsam ausüben wollen. Dies war bisher nicht möglich. Da eine übereinstimmende Erklärung beider Elternteile notwendig ist, hat die Frau faktisch ein Vetorecht.

Nach einer Ehescheidung kann es künftig bei der gemeinsamen Sorge bleiben, wenn die Eltern sich darauf einigen. Auch andere von den Eltern vereinbarte Lösungen (Alleinsorge der Mutter oder des Vaters) hat das Familiengericht zu akzeptieren – es sei denn, das Gericht glaubt, das Wohl des Kindes stünde dem entgegen.

Weitere Regelungen sind erforderlich, um das gemeinsame Sorgerecht auch bei getrennt lebenden Eltern praktikabel zu halten. So soll der Elternteil, der die „tatsächliche Betreuung“ übernommen hat, Entscheidungen des „täglichen Lebens“ allein treffen können. Rücksprache mit dem anderen Elternteil ist nur in grundsätzlichen Fragen notwendig. Ein Beispiel: Vor einem routinemäßigen Arztbesuch ist kein Elterngespräch erforderlich, wohl aber vor einer wichtigen Operation.

Im Erbrecht werden nichteheliche Kinder künftig den ehelichen gleichgestellt. Die bisherige Regelung über den Erbersatzanspruch und den vorzeitigen Erbausgleich soll gestrichen werden. Auch die automatische Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder soll durch eine freiwillige „Beistandsschaft“ des Jugendamtes ersetzt werden.

Das schon bisher bestehende Verbot „entwürdigender“ Erziehungsmaßnahmen wird konkretisiert. Klargestellt wird, daß damit jede „körperliche und seelische Mißhandlung“ unzulässig ist. Ein Sprecher von Bundesjustizminister Schmidt-Jortzig zeigte sich sehr zufrieden: „Damit ist die von uns vorgeschlagene Reform in den wesentlichen Punkten akzeptiert worden.“ Christian Rath

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