: In Ohlsdorf sehen wir uns wieder
Hamburgs Parkfriedhof ist gestern 120 Jahre alt geworden und hat jetzt wieder einen Rosengarten wie zu Gründerzeiten ■ Von Birgit Hoyer
Er ist so groß, daß das gesamte Fürstentum Monaco auf ihm Platz hätte, er gehört zu Hamburg wie Michel und Hafen, und er ist gestern auf den Tag genau 120 Jahre alt geworden: Am 1. Juli 1877 wurde der Parkfriedhof Ohlsdorf feierlich eröffnet – 126 Hektar Landschaftsgarten, damals weit außerhalb der Stadt.
Inzwischen, die Ohlsdorfer Feldmark ist längst eingemeindet und das Areal auf über 400 Hektar angewachsen, steht die Ohlsdorfer Begräbnisstätte „für 120 Jahre hamburgische Kultur-, Geistes-, Gartenbau- und Stadtgeschichte“, wie Umweltbehörden-Staatsrat Dirk Reimers bei der gestrigen Eröffnungsveranstaltung betonte. Und so ist das stattliche Jubiläum dem Landesbetrieb Friedhöfe – seit 1995 eine Anstalt öffentlichen Rechts – auch eine ganze Festwoche wert (Programm siehe Kasten).
Ein weiteres Geburtstagsgeschenk ist auf Dauer angelegt: Der Rosengarten, nach Aquarellen und Fotomotiven so restauriert, daß er der ursprünglichen Anlage des Friedhofgründers Wilhelm Cordes von 1894 im Grundkonzept entspricht, ist seit gestern für die Öffentlichkeit zugänglich. Mehr als 2700 Rosen in 50 verschiedenen Sorten wurden an der Cordesallee direkt am Südteich gepflanzt – die Rundbeete folgen dem Verlauf einer „entwicklungsgeschichtlichen Rosenuhr“.
Das wiederbelebte Rosarium mit seiner Fülle von Rosenarten, wie sie zur Zeit der Griechen, Römer und in den Klöstern des Mittelalters gepflegt worden sind, ist dennoch nur eine Sehenswürdigkeit von vielen, die die Ohlsdorfer Nekropole zu bieten hat. Seit 1996 beherbergt sie eines der wenigen Museen für Sepulkralkultur in Deutschland; auf dem Areal findet sich ein bronzezeitliches Hügelgrab, das bereits der Architekt Cordes in seine Parklandschaft miteinbezogen hatte. Hans Albers, Ida Ehre oder Gustav Gründgens sind hier begraben, KZ-Häftlinge und zwangsverschleppte ZivilistInnen haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. Der Jüdische Friedhof, 1883 eröffnet, um Angehörigen der Deutsch-Israelitischen und der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinden die Bestattung nach ihren religiösen Gesetzen zu ermöglichen, befindet sich, durch einen Zaun abgetrennt, an der Straße Ihlandkoppel.
„In Ohlsdorf, da sehen wir uns wieder“, ist in Hamburg ein geflügeltes Wort. Das ließe sich, vielleicht anläßlich der Jubiläumsfestwoche, ja eigentlich auch auf die Lebenden anwenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen