piwik no script img

■ NachschlagWind, Stein und Telefon: Laurie Booth tanzt in den Sophiensälen

Der Wind kommt aus den Ventilatoren, stählerne Fächer markieren den Wald. Stimmen haben sich zwischen ihren Spitzen verfangen, wie zufällig herausgekämmt aus den Ätherwellen. Mit einem sanften Leben füllen Laurie Booth und Gary Lambert diese technisch geformte Landschaft: zwei Faune, die Steine und Wasser, Frösche und Vögel, das aufwärtsstrebende Schilfrohr und die kriechenden Schnecken herbeibeschwören. Es ist eine romantische Vorstellung von der Durchdringung und Verknüpfung der elementaren Welt und der sozialen Sphäre der Menschen, der „Stormgarden“ folgt.

Mit dem englischen Choreographen Laurie Booth haben die Sophiensäle einen Klassiker der Contact-Improvisation eingeladen. Ende der siebziger Jahre entwickelt, könnte man die Technik des Aufnehmens, Weiterleitens und Umlenkens von Energie als körperliche Umsetzung einer Theorie verstehen, die von festgefügten Definitionen zu einem Denken in Verhältnissen kommen will. Nichts behält seine Form für immer. Von diesen Aufbrüchen ist auch die Ballett-Technik nicht unbeeinflußt geblieben, die von der Improvisation um eine neue Freiheit der Entscheidungsmöglichkeiten bereichert wurde. Auch Booth hat für große Compagnien choreographiert.

So wie die Ton-Designer Hans-Peter Kuhn und Scanner, mit denen Booth zusammenarbeitet, aus einem babylonisch um die Welt schwirrenden Stimmengewirr einzelne melodieführende Stränge herausfiltern, so scheint sich Booth mit seinen Tänzern an den Kraftfeldern der gegenständlichen Welt entlangzutasten. Das aus der Improvisation entwickelte Vermögen, sich jederzeit auf den Partner einzustellen, wird auf das Verhältnis zur Welt und den Veränderungen der Umgebung ausgeweitet. Deshalb arbeitet Booth gerne mit bildenden Künstlern und Musikern zusammen, die ihr Material wiederum an den Rändern gesellschaftlicher Umbrüche suchen und sammeln.

Dem harmonischen „Stormgarden“ läßt er in Berlin sein neuestes Stück „ACT/ual f/ACT/ual“ folgen, das sich mehr auf die Müllhalde unserer Zivilisation und den kaum noch zu verarbeitenden Strom von Informationen bezieht. Den Sound dafür mixt ihm der DJ Scanner aus geklauten Gesprächsfetzen über Funktelefon. Katrin Bettina Müller

Laurie Booth & Company: „ACT/ual f/ACT/ual“ und „Stormgarden“, 4.-6. Juli, 21 Uhr, Sophiensäle, Sophienstr. 18

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen