: Raver drohen mit Auszug aus Berlin
■ Die Veranstalter der Berliner Love Parade überlegen, ihren Technoumzug künftig ins Ausland zu verlegen. Tiergarten-Route noch nicht endgültig genehmigt - über eine Million Besucher werden erwartet
Berlin (dpa/taz) – Wälzt sich die Love Parade demnächst über fremde Kontinente? „Wir wollen Berlin nicht verlassen“, hatte Paradenboß Ralf Regitz noch vor einer Woche beteuert. Gestern übten sich die Veranstalter des Technoumzugs in Drohgebärden. Es gebe Überlegungen, das Technofestival nicht mehr in Deutschlands Hauptstadt abzuhalten, sondern es mit ähnlichen Veranstaltungen in anderen Ländern zusammenzulegen.
Viel mehr als heiße Luft ist die Ankündigung vermutlich nicht. Daß am 12. Juli womöglich mehr Raver denn je in Berlin antanzen werden, dürfte nicht nur die Love- Parade-Organisatoren von der Firma Planetcom freuen, sondern auch die Deutsche Bahn. Elf Sonderzüge aus der ganzen Republik stehen schon bereit. Mit dabei ist auch der „Love Train“ aus München, mit 15 Wagen der längste Zug Deutschlands. In zwei Tanzwaggons mit spezieller Soundanlage sollen über zehn DJs für „optimales Clubfeeling“ sorgen.
„Eine Million Teilnehmer möglicherweise, das ist eine Zahl, die uns schon angst macht“, sagte Ober-Lover Ralf Regitz gestern in Berlin. „Aber ich finde es auch geil, wenn so viele friedliebende Menschen unter dem diesjährigen Motto Let the sunshine in your heart zusammenkommen.“ 20 Prozent der Technofans haben sich aus dem Ausland angekündigt. Rund 40 Musikwagen werden erwartet, unter anderem aus Frankreich, Italien, Ungarn und Tschechien sowie Raver aus allen deutschen Landen – außer Brandenburg. Denen war ein Technowagen offenbar zu teuer. Rund 30.000 Mark kostet jedes Gefährt.
Über die vergangenen Streitereien um ein mögliches Verbot des Massenspektakels wollte Regitz sich nicht auslassen. Derzeit gehe es vor allem um den „anhaltenden Kleinkrieg der Bezirksbürokratie“, um die Frage der Getränkeversorgung oder den Zugang zur Siegessäule. „Zehn Tage vor der Love Parade sind noch immer nicht die behördlichen Genehmigungen erteilt“, bemängelte Regitz. Jeden Tag wird die Entscheidung des Berliner Oberverwaltungsgerichts erwartet, ob der Zug den Tiergarten durchqueren darf.
Regitz bestritt, daß die Love Parade ein kommerzielles Unternehmen sei. „Das ist großer Käse. Wir haben im letzten Jahr damit keinen Reingewinn gemacht und haben es in diesem Jahr noch gerade so auf die Reihe gebracht, mit zwei Hauptsponsoren.“ Andere Geldgeber seien durch den Streit mit den Behörden abgeschreckt worden. „Ich fände es fair, wenn dieser auf der Welt einmalige Zusammenschluß junger Menschen auch von den Behörden und der Öffentlichkeit unterstützt würde, auch bei der Beseitigung unvermeidlicher Umweltfolgen.“
Eine ebenfalls angekündigte „Hate Parade“ Berliner Autonomer bewertete der Pressesprecher der Love Parade, Peter Lützenkirchen, als rein musikalische Gegenveranstaltung. Da gehe es nicht um politische Auseinandersetzungen, „die wollen mehr Baß“. bull
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen