: Keine Amnestie für prügelnde Polizei
■ Amnesty international fordert unabhängige Kommission zur Untersuchung von Übergiffen durch die Polizei. Da die Polizei gegen sich selbst ermittelt, „scheint das System nicht zu funktionieren“
Übergriffe von PolizeibeamtInnen im Dienst sollen künftig durch eine unabhängige Kommission verfolgt werden. Das hat die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) gefordert. Die Kommission solle sicherstellen, daß allen Vorwürfen von Mißhandlungen durch die Polizei künftig nachgegangen werde, erklärte der für Deutschland zuständige ai-Mitarbeiter Michael Butler. „Der bisherige Mechanismus scheint nicht in allen Fällen zu funktionieren“, sagte Butler bei der Vorstellung des Berichts „Neue Fälle, altes Muster – Polizeiliche Mißhandlungen in der Bundesrepublik Deutschland“.
Während die Innenverwaltung diesen Vorschlag ablehnt, hieß es aus der Justizverwaltung, ein solches Gremium sei „denkbar“. Eine solche Kommission sei nötig, weil „das Vertrauen in den Mechanismus der Strafverfolgung“ besonders bei Übergriffen gegen AusländerInnen gestört sei, so Butler. Da Polizisten als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft kaum effektiv gegen sich selbst ermittelten, seien die Chancen solcher Anzeigen gering. Anwälte rieten von Klagen ab, weil Kläger mit einer Gegenanzeige rechnen müßten. Deshalb solle diese Aufgabe unabhängigen Gremien übertragen werden, die „einheitliche und umfassende Statistiken über Mißhandlungsbeschwerden und deren Ausgang führen und die ermächtigt sind, eigene Ermittlung zur Aufklärung solcher Beschwerden einzuleiten“, wird in dem Brief an die Länder und an den Bund gefordert. Zudem solle das neue Gremium „befugt sein, Empfehlungen auszusprechen, ob gegen beschuldigte Polizeibeamte Klage strafrechtlicher bzw. disziplinarischer Art erhoben oder Beschwerdeführer entschädigt werden“. Amnesty erinnert mit diesem Vorstoß an die Forderung des UN-Menschenrechtsausschusses vom Dezember 1996 nach unabhängigen Instanzen zur Untersuchung von Beschwerden gegen die Polizei. Diese Forderung hatte die Bundesregierung im Mai zurückgewiesen. Thomas Raabe, Sprecher der Innenverwaltung, wollte den ai-Vorschlag nicht kommentieren, da er ihm noch nicht bekannt sei. Er warf der Menschenrechtsorganisation allerdings vor, mit unbestätigten Vorwürfen Politik zu machen: Es gebe nur eine ganz geringe Zahl von Polizisten, die wegen Übergriffen verurteilt würden. Zu diesen Verfahren komme es eben zuwenig, moniert ai. Corinna Bischoff, Sprecherin der Justizverwaltung, findet die Einrichtung einer solchen Gruppe „denkbar und vielleicht sinnvoll“. Allerdings gebe es bereits eine Spezialabteilung bei der Staatsanwaltschaft, die solche Vorwürfe genau prüfe und mit Nachdruck verfolge. „Es sind aber auch viele unberechtigte Klagen dabei“, meinte Bischoff. Der ai-Vorschlag bringe möglicherweise Probleme mit dem Datenschutz, gehe aber „in die Richtung wie unser Modell der Anti-Korruptions-AG“, wo Klägern die Scheu vor der Polizei genommen werden soll. Bernhard Pötter
siehe auch Seite 26
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