: Rotstiftkultur bedroht Kulturbetrieb
■ Finanzsenatorin Fugmann-Heesing plädiert für höhere Förderung der Hauptstadtkultur und hält weitere Schließung von Kultureinrichtungen für möglich. Radunski plant Entlassungen an Ost-Bühnen
Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) sowie Kultursenator Peter Radunski (CDU) planen Attacken auf den städtischen Kulturbetrieb. So fordert die Finanzsenatorin eine höhere Subventionierung der sogenannten Hauptstadtkultur durch die Bundesregierung. Sinnvoll wäre nach ihrer Ansicht, wenn der Bund eine Einrichtung des Landes, beispielsweise die Deutsche Staatsoper Unter den Linden und andere Häuser, „ganz oder in wesentlichen Teilen übernehmen“ würde. Außerdem will Fugmann-Heesing zur Konsolidierung des Haushalts weitere Schließungen von Kulturinstitutionen prüfen. Radunski schließlich hat eine „Verschlankung“ beim Ostberliner Bühnenpersonal ins Auge gefaßt.
Radunskis Sprecher Axel Wallrabenstein unterstützte den Vorschlag der Finanzsenatorin, große städtische Bühnen wie die Staatsoper, die Komische Oper oder das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt zu einem „Nationaltheater“ zusammenzufassen und dem Bund zu unterstellen. Sollte der Bund dazu nicht bereit sein, müßten die Mittel zur Förderung der Hauptstadtkultur bis zum Umzug von Regierung und Parlament 1999 auf mindestens 150 Millionen Mark aufgestockt werden. Berlin erhält derzeit rund 60 Millionen Mark jährlich Kulturförderung vom Bund. Bislang hat die Bundesregierung wenig Interesse an dem Nationaltheaterkonzept gezeigt. Der Sprecher im Bonner Kanzleramt wollte gestern dazu keine Stellungnahme abgeben.
Fugmann-Heesing hält zugleich zusätzliche Schließungen von Kulturinstitutionen für möglich. Anstatt an alle Bereiche immer geringere Mittel zu verteilen, „wäre es aus meiner Sicht besser, sich für oder gegen einzelne Einrichtungen zu entscheiden“, sagte sie in einem Interview der Berliner Morgenpost. Es werde sich zeigen, ob mit den vorhandenen Geldern die gesamte Kulturlandschaft gesichert werden könne. Durch das gegenwärtige Gießkannenprinzip leide die Qualität im Kulturbereich.
Während Radunskis Sprecher Wallrabenstein die Finanzsenatorin dahin gehend kritisierte, sie bringe vor jeder Haushaltsrunde die für das Ansehen der Stadt schädliche Debatte um die Theaterschließung auf, ist der Kultursenator bereits im Begriff, diese zu praktizieren.
Um bei der Kulturförderung – wie 1996 vom Senat beschlossen – rund 100 Millionen Mark einzusparen, plant Kultursenator Radunski nun Entlassungen an Theatern und Opernhäusern. Mehreren hundert Mitarbeitern in Technik und Verwaltung, insbesondere an Ostberliner Bühnen, droht der Verlust des Jobs. Für den Fall, daß die Gewerkschaft ÖTV den betriebsbedingten Kündigungen nicht zustimmt, droht Radunski mit der Schließung der Bühnen. Die ÖTV, mit der die Kulturverwaltung im August verhandeln möchte, kündigte Widerstand gegen die Pläne an. Aus ihrer Sicht sind betriebsbedingte Kündigungen rechtswidrig. rola
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