Das Portrait: Der Herrscher von Phnom Penh
■ Hun Sen
Kambodschas Premierminister Hun Sen hat aus seiner Verachtung für den Mann, mit dem er sich das Amt des Regierungschefs teilte, nie einen Hehl gemacht. Dennoch trat er, wenn nötig, breit lächelnd mit Prinz Norodom Ranariddh vor die Öffentlichkeit. Doch vier Jahre nachdem die UNO in Kambodscha erstmals freie Wahlen organisierte und die beiden Politiker in eine Koalition zwang, hat der 45jährige dem Spaß ein Ende gemacht: Mit einem faktischen Putsch vertrieb er den Prinzen am Wochenende aus dem Amt.
Schon lange galt der Schachspieler und Kettenraucher als mächtigster Mann des Landes. Seine Kambodschanische Volkspartei kontrolliert den wichtigsten Teil von Armee, Polizei, Justiz und Verwaltung. Hun Sen blickt auf eine außergewöhnliche politische Karriere zurück: 1970 folgte er dem Aufruf des gerade gestürzten Prinzen Sihanouk an die Jugend von Kambodscha, gegen die Regierung in Phnom Penh zu kämpfen. Er schloß sich den Roten Khmer an. Bei der Eroberung der Hauptstadt 1975 verlor er ein Auge. 1977 floh er mit seiner viertausend Mann starken Einheit vor den „Säuberungen“ des Pol-Pot-Regimes nach Vietnam.
Als die vietnamesischen Truppen die Roten Khmer Anfang 1979 vertrieben, betrat Hun Sen die politische Bühne Phnom Penhs. Mit 28 Jahren wurde er Premierminister, ein Jahr später Mitglied des Politbüros und 1985 Regierungschef.
Er galt früh als einer der intelligentesten und ehrgeizigsten Politiker der von Vietnam eingesetzten Regierung, die bis zu den Friedensverhandlungen Ende der achtziger Jahre von China und dem Westen isoliert wurde. Die Niederlage seiner Volkspartei bei den Wahlen 1993 zeigte, daß er sich nicht zum Demokraten gewandelt hatte: Er weigerte sich, die Macht abzugeben. Seitdem arbeitete er zielstrebig daran, den Partner wieder loszuwerden.
Seine autokratische Art hat ihm auch Feinde in der eigenen Partei eingebracht: Einige werfen ihm vor, er gebärde sich wie ein Feudalherrscher. Ständig weiht er neue Hun-Sen-Schulen oder –Parks ein. In puncto Korruptheit steht er seinem Ex- Amtsgenossen offenbar nicht nach: Millioneneinkünfte aus dem Holzgeschäft sollen in seine Taschen geflossen sein. Ranariddh hat angekündigt, er wolle von Frankreich aus den Widerstand organisieren. Darüber lächelt Hun Sen wohl gerade. Jutta Lietsch
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