: Farbanschlag gegen Affenforscher
■ Protest gegen Berufung des Biologen Kreiter: Unbekannte beschmierten in der Nacht zu gestern ein Großraumlabor der Uni Bremen mit roter Farbe unter dem Motto „Hier soll gefoltert werden“
Die autonomen TierschützerInnen haben ganze Arbeit geleistet: Das Großlaumlabor der dritten Ebene im Gebäude NW2 sieht aus, als sei ein ganzer Tank voll knallroter Plaka-Farbe ausgekippt worden. Rote Tische, rote Reagenzgläser, rote Wände, ein roter Boden. Die Farbe soll wohl das Blut symbolisieren, das Primaten demnächst an der Uni Bremen lassen sollen. „Hier soll gefoltert werden“, steht an der Wand, und: „Stoppt Tierversuche!“Ein ganzer Trupp Reinigungskräfte ist noch am späten Nachmittag damit beschäftigt, den Raum zu säubern. Wie hoch der Sachschaden ist, hängt wohl davon ab, ob die Reinigung gelingt.
In der Nacht zu gestern gelang es den TierschützerInnen, unbemerkt in das Gebäude NW2 einzudringen. Der Pförtner mutmaßt, daß sie morgens nach fünf Uhr den Anschlag verübten. „Nachts muß jeder, der hier reinwill, sich in eine Liste eintragen“, erklärte er gegenüber der taz, „aber um fünf wird eine Seitentür aufgeschlossen“. Auch bei den zwei nächtlichen Kontrollgängen sei niemand im Haus bemerkt worden. Klar sei jedenfalls: „Die haben das geplant und kannten sich hier genau aus“.
Nun sind die Bremer Biologie-Studenten bisher in Sachen Widerstand gegen die Berufung des Primatenforschers „Affenfolterer“Andreas Kreiter bisher kaum aufgefallen. „Desinteressiert“und „unwillig, sich zu informieren“, seien die meisten, sagte gestern einer der wenigen wissenschaftlichen Mitarbeiter, die sich offen gegen Kreiters Berufung aussprechen, der taz. „Hier finden sogenannte Informationsveranstaltungen statt, bei denen drei aktive Tierforscher auf dem Podium sitzen und sonst niemand“. Einer seiner Kollegen erklärte gestern auch ganz offen, er sei „nicht direkt gegen Kreiters Berufung. Mich interessiert Zoologie“.
Der Anschlag ist der bisherige Höhepunkt des Versuchs, Kreiters Berufung doch noch zu verhindern. Denn noch sind die Verhandlungen mit dem Senat nicht abgeschlossen. „Vielleicht könnte man ihn ja als Mikrobiologen einsetzen“, bemerkt einer zynisch, „solange er die Finger von Affen läßt, kann er gerne konmmen“.
Gegen die Berufung Kreiters, der zur Zeit noch am Frankfurter Max-Planck-Insitut forscht und zum Wintersemester eine C4-Professur für „Theoretische Biologie mit dem Schwerpunkt Neurobiologie“antreten soll, wird seit Monaten nicht nur an der Uni protestiert: Der Tierschutzverein hat der Bürgerschaft im Mai fast 18.000 Unterschriften überreicht und ein Volksbegehren angekündigt.
Daß er nicht gewillt ist, seine Grundlagenforschung an Primaten zu unterlassen, hat Kreiter bereits deutlich gemacht. Dabei werden Affen Sonden implantiert und sie bekommen solange nichts zu trinken, bis sie „richtig“reagieren. Als Verfechter von Tierversuchen wäre Kreiter am Bremer Biologie-Fachbereich schon das dritte Rad am Wagen: Schließlich sind da schon Professor Roth, Leiter des Sonderforschungsbereich Hirnforschung, der mit Vorliebe an Salamandern forscht sowie Hirnforscher Professor Flohr. Letzterer ist zwar Tierschutzbeauftragter der Universität, läßt es sich aber nicht nehmen, die „anatomischen Arbeiten am experimentell geschädigten Affenhirn“einer Kollegin zu loben. jago
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